Full text: Wirtschaftssymptome

HOLLAND 
Mäßiger Rückschlag 
4: Amsterdam, S. Januar 
Die Lage des holländischen Geldmarkts wies in den letzten 
Monaten des vergangenen Jahres eine günstige. Entwicklung auf, 
wodurch wiederholte Diskontermäßigungen ermöglicht wurden. 
Die Sätze am offenen Markt sanken erheblich unter den Stand 
des Vorjahrs. Die wichtigsten Golddevisen notierten am 
Amsterdamer Wechselmarkt gegen Jahresende unter Gold: 
parität. Die Lage der Niederländischen Bank blieb außer- 
ordentlich stark. Die Entwicklung der Staatsfinanzen 
war, soweit die Einnahmen in Frage kommen, befriedigend; die 
Steuerlast. blieb jedoch, ungeachtet der Ermäßigung einiger 
Sätze, drückend, und der Stand der Staatsausgaben wird noch 
stets für anormal hoch erachtet. 
Die niederländische Handelsbilanz erfuhr im letzten Viertel- 
jahr 1929 eine ansehnliche Verschlechterung. 
Während der ersten elf Monate 1929 stieg das Passivum der 
Handelsbilanz um 39 Mill, auf 692 Mill. Gulden. 
Diese Zunahme entfiel auf die beiden letzten Monate dieses 
Zeitraums. Mengenmäßig nahm sowohl die Ausfuhr als auch 
die Kınfuhr verhältnismäßig erheblich zu. Die Handelsbilanz 
wurde jedoch durch die Preisveränderungen am Welt- 
warenmarkt ungünstig beeinflußt. Der Wert der Ausfuhr nahm 
nur um 23 Mill. Gulden bzw. nicht viel mehr als 1% zu, während 
der Wert der Einfuhr eine Steigerung um 62 Mill. Gulden bzw. 
rund 2,5% aufwies. In den letzten Monaten ließ sich auch in 
Holland ein gewisser konjunktureller Rückschlag feststellen; 
aber ernstere Krisenzeichen sind, von einzelnen Ausnahmen 
abgesehen, bisher nicht wahrzunehmen. Die Wirkung der 
Börsenkrıse blieb hauptsächlich auf einzelne Industrie- 
zweige beschränkt, unter denen die Diamantindustrie in erster 
Linie erwähnt werden muß. Eine etwas größere Wirkung hatte 
die durch den Preisrückgang der wichtigsten Kolonialwaren 
hervorgerufene wirtschaftliche Depression in Niederländisch- 
{ndien, da besonders die Textilindustrie in Twente und die für 
Java arbeitenden holländischen Maschinenfabriken in der letzten 
Zeit von dort nur wenige Aufträge erhielten. Die Lage der 
holländischen Kunstseideindustrie hat sich im Zu- 
sammenhang mit den krisenhaften Zuständen am europäischen 
Kunstseidemarkt weiter verschlechtert. Zweifellos werden 
die nächsten Monate für eine Anzahl industrieller Unternehmen 
eine Zeit der Konsolidierung bzw. teilweise der Sanierung bilden
	        
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