Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 409 
ist, daß jeder der beiden Vertragschließenden eine Versprechung gemacht, 
also behauptet hat, daß er nun verpflichtet sei. Die „Verträge“ werden 
in „einseitig verbindliche Verträge“ und in „zweiseitig verbindliche 
Verträge“ eingeteilt, mit welcher Unterscheidung man aber meint, daß 
es Verträge gibt, welche dadurch zustande kommen, daß nur einer 
der beiden Vertragschließenden eine Versprechung abgibt (und sich 
verpflichtet), und andere Verträge, welche dadurch zustande kommen, 
daß jeder der beiden Vertragschließenden eine Versprechung abgibt 
(und sich verpflichtet). Indes ist diese Unterscheidung unzutreffend, 
da ein Vertrag immer nur dadurch zustande kommt, daß jeder der 
beiden Vertragschließenden eine Versprechung abgibt. Zieht man etwa 
als Beispiel den „Schenkungsvertrag“ heran, so irrt man, wenn man 
meint, daß jener, der sich um eine Schenkungsversprechung eines An- 
deren bewirbt oder ein Anbot mit Schenkungsversprechung annimmt, 
keine Versprechung leistet. Denn macht z. B. A dem B das Anbot 
zum Abschlusse eines Vertrages, kraft dessen B dem A. eine Schenkung 
zu machen hätte, so leistet er in seinem Angebote die Versprechung, 
die zu schenkende Sache zu übernehmen, weshalb er auch dem Anderen 
den durch eigenen Verzug entstehenden Schaden zu ersetzen hat, ganz 
abgesehen von der Verpflichtung des‘ Beschenkten, das Geschenk in 
besonderen Fällen wieder herauszugeben. Ohne eine Versprechung 
würde eben kein ‚‚Vertrag-Anbot‘“ vorliegen, sondern nur die Bewer- 
bung um eine einseitige Versprechung, wie ja auch jemand darum werben 
kann, daß ein Anderer eine Auslobung macht, kraft welcher dann dem 
Werber ein Vorteil zukommt. Allerdings aber macht jener, der durch 
ein „Vertrag-Anbot‘““ um eine Geschenk-Versprechung eines Anderen 
wirbt, kein „Entgelt-Angebot‘, da er nicht die Versprechung leistet, 
dem Anderen dessen besondere Leistung in besonderer Weise günstig 
zuzurechnen. Der „Schenkungsvertrag‘“ ist eben ein „Vertrag über 
unentgeltliche Leistung“, während z. B. ein „Kaufvertrag“ ein 
„Vertrag über entgeltliche Leistung“ ist. Aber sowohl ein 
„Vertrag über unentgeltliche Leistung‘ als auch ein „Vertrag über 
entgeltliche Leistung‘ wird durch Versprechung jedes Vertragschließen- 
den begründet. Die Lehre von den „einseitig verbindlichen Verträgen‘‘ 
beruht aber auch auf der Unterscheidung der ‚„‚Konsensualverträge‘‘ 
von den „Realverträgen‘‘, die ebenfalls haltlos ist. Sagt man Z. B, 
daß das „Darlehen“ ein „Realkontrakt‘“ ist, der erst durch die Über- 
gabe des Darlehens vom Darlehensgeber an den Darlehensnehmer ent- 
stehe, und es sei „mit dem obgleich ebenfalls verbindlichen Vertrage, 
ain Darlehen künftig zu geben, nicht zu verwechseln‘, so liegt nur 
sine unzutreffende Bestimmung des Sachverhaltes vor, daß — auf Grund 
besonderer „„Gesetze‘‘ — durch einen Darlehensvertrag nur eine Pflicht- 
anwartschaft jenes begründet wird, der als künftiger Darlehens-
	        
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