Full text: Allgemeine Gesellschaftslehre

Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 415 
ist, innerhalb bestimmter Zeit — jener, innerhalb welcher nach den be- 
sonderen Umständen nicht von einer „Verschleppung der Entscheidung“ 
gesprochen werden kann — überhaupt eine Entscheidung zu fällen, 
Ob und inwieferne von einem „Antrage“ auf besonderes richterliches 
Streiturteil gesprochen werden kann, wird erst mit der späteren Er- 
örterung des Gegebenen „richterliches Urteil“ klar werden. Es kann 
jedoch bereits jetzt gesagt werden, daß in solchem Falle insoferne von 
einem „Antrage“ gesprochen werden kann, als die um besonderes 
richterliches Urteil werbende Partei dem Richter eine irrtümliche Aus- 
legung besonderer Rechts-Ansprüche nicht ungünstig zurechnen kann, 
insoferne also auch keinen Anspruch auf besonderes richterliches 
Urteil erhebt. In allen Fällen aber, da ein „Quasi-Frage-Antrag“ über- 
haupt vorliegt, ist der „Antrag“ stets zu scheiden von jenem sich als 
‚Entscheidungs-Quasi-Frage“ darstellendem Anspruche, welcher. mit dem 
Antrage verbunden wird, obwohl man in solchen Fällen gewöhnlich 
die zweifache Verhalten-Werbung nur mit dem Worte „Antrag“ 
bezeichnet, Frägt z. B. der Vorsitzende besonderer Versammlung einen 
Anwesenden, der die Anderen mit besonderen Ausführungen zu be- 
sonderem Verhalten zu veranlassen sucht: „Stellen Sie einen formellen 
Antrag?“, so ist, da eine Antrag-Verhalten-Werbung stets bereits vor- 
liegt, gemeint: „Stellen Sie auch eine Entscheidungs-Quasi-Frage?““ 
(„Erheben Sie auch einen Anspruch auf Abstimmungs-Entscheidung 
hinsichtlich dieses Antrages?“‘‘). 
Von jenen „Gesellschaften“, die dadurch begründet sind, .daß der 
einen Seele ein „Antragstellungs-Seelenaugenblick“, der anderen Seele 
in „Antrag- Annahme-Seelenaugenblick“ zugehört, unterscheiden sich 
aber jene „Gesellschaften“, welche dadurch begründet sind, daß der 
einen Seele ein „Ansprucherhebungs-Seelenaugenblick“ und der anderen 
Seele ein „Ansprucherfüllungs-Seelenaugenblick“ zugehört. In jedem 
Anspruche wird als „Ander-Interesse-Gedanke“ ein „Ander-Soll-Ge- 
danke“ behauptet, und wenn wir die Ansprüche nach der Verschieden- 
aeit des in ihnen behaupteten Ander-Soll-Gedankens prüfen, so ergibt 
Sich, daß alle Ansprüche entweder „Bitten“ oder „Gebote“ sind. Eine 
„Bitte“ ist jener Anspruch, in welchem der Ansprucherheber behauptet, 
seine gegenwärtig noch ungewisse Erfahrung, der Anspruchadressat 
habe mit besonderem Verhalten den eben behaupteten Wunsch ent- 
täuscht bzw. die eben behauptete Furcht erfüllt, werde die wirkende 
Bedingung dafür abgeben, daß er, der Ansprucherheber, Unlust an 
jenem Verhalten des Anspruchadressaten gewinne. Jeder, der eine 
Bitte erhebt, meint stets, daß der Adressat den Anspruch erfüllen 
werde, weil er wisse, es sei durch die Behauptung des „Eigen-Wunsch- 
zw. -Furcht-Gedankens“ eine Lage begründet worden, welche die Ge- 
Samtheit jener Allgemeinen enthält, die als grundlegende Bedingungen
	        
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