Die Besonderheiten der Vergesellschaftungs-Werbungs-Seelenaugenblicke usw. 449
hat, den Anderen durch ein Anbot, in welchem er jene Leistung ver-
spricht, zu — innerhalb gewisser Grenzen — beliebigem Verhalten zu
veranlassen, während jener, der nicht solche Allein-Macht hat, den
Anderen durch Anbot, in welchem er solche Leistung verspricht, nicht
zu beliebigem Verhalten veranlassen kann, sondern nur zu solchem Ver-
halten, welches dem Anderen weniger „im Lichte der Unlust“ steht, als
jene Arten eigenen Verhaltens, auf welche „im Wettbewerbe“ mit ähnlichen
Anboten gezielt wird. Die sogenannte „Herrschaft kraft Monopolstel-
lung“ ist also keine „Herrschaft“, sondern nur eine besondere „An-
dot-Geltungsmacht“, nämlich die Macht, durch ein Anbot, in
welchem sich die Versprechung besonderer Leistung findet, den Anbot-
adressaten zu — innerhalb gewisser Grenzen — beliebigem Verhalten
zu veranlassen. Auch mit der Annahme solchen Anbotes ist aber
keine „Herrschaft“ vorhanden, da eben ein „Anbot‘“ niemals ein „An-
spruch“, weder eine „Bitte“ noch ein „Gebot“ ist, also keine „Ander-
Soll-Behauptung“ enthält. Die in einem „Anbote“ enthaltene „Eigen-
Allein-Macht-Behauptung“ darf eben nicht mit einer „Ander-Soll-Be-
hauptung“ verwechselt werden, denn jener, der ein „Anbot mit Eigen-
Allein-Macht-Behauptung“ stellt, behauptet keineswegs, daß Erfahrung
besonderer Seele von besonderem Verhalten des Adressaten in Be-
ziehung zu ihrem Wissen um die aufgestellte Behauptung eines „Eigen-
Wunsch- bzw. -Furcht-Gedankens“ die wirkende Bedingung für die Ver-
wirklichung eines auf den Adressaten bezogenen Unwertes abgeben
werde, und jener, der ein solches Anbot annimmt, zielt darauf, daß der
Anbietende nun im Sinne seiner Versprechung zu besonderem Ver-
halten verpflichtet sei, keineswegs aber schwebt ihm die Verwirklichung
einer Folge eigener Pflicht als Wider-Zielwirkung vor. Es gibt aller-
dings besondere Behauptungen, hinsichtlich welcher erst eine nähere
Zergliederung ergibt, ob sie „Anbote“ oder „Gebote“ sind. Nehmen
wir etwa an, daß A, der in einer Provinzstadt wohnt und schwer er-
krankt ist, aus der Hauptstadt den berühmten Chirurgen B kommen
läßt, der zu ihm sagt: „Wenn Sie mir nicht 100000 Mark geben,
operiere ich Sie nicht!“, so liegt ein Anbot vor, da B den A durch
seine Versprechung, ihn zu operieren, zur Übergabe von 100000 Mark
zu veranlassen sucht. Sagt jedoch B zu A: „Wenn Sie mir nicht sofort
100000 Mark geben, reise ich wieder ab!“, so liegt ein Anbot und ein
Gebot vor, da B dem A verspricht, ihm nach Übergabe von 100000 Mark
zu operieren, überdies aber droht, mangels sofortiger Übergabe des
Betrages abzureisen, womit ein auf den B _bezogener Unwert verwirk-
licht würde, da er nun „rettungslos verloren“ wäre. Im letzteren Falle
sucht also B den A durch ein Anbot und durch ein gleichgerichtetes
Gebot zu besonderem Verhalten zu veranlassen, es liegt ein „mit einem
Anbote verbundenes Gebot“ vor, ein nicht allzu seltener Fall,
Sander, Allg, Gesellschaftslehre, 29