Full text: Die drei Nationalökonomien

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l’ormelgruppen, aus denen man für die meisten der physikalischen 
Gebiete beherrschende Gleichungssysteme ableiten kann.“ 13 
Die Mathematisierung verfolgt ein doppeltes Ziel: sie soll dazu 
dienen, die rechnerischen Feststellungen genauer zu machen; „exakt“ 
heißt: in mathematischen Formeln darstellbar; und sie soll die oberste 
Forderung der naturwissenschaftlichen Erkenninis. erfüllen helfen: 
sie soll diese allgemeingültig machen. Wer nach Allgemeingültigkeit 
strebt, strebt vor allem nach Mathematik. Siehe Kant! 
Die solcherweise gewonnenen, meßbar und berechenbar gemachten 
„einfachen“ Tatsachen müssen nun geordnet werden. Das ge- 
schieht durch Anwendung einer Reihe rationaler, rein formaler Ord- 
aungsprinzipien. Solche Ordnungsprinzipien sind: 
x. die Allgemeinbegriffe im Sinne von Zusammenfassungen 
der konstanten Merkmale eines Dings und durch Abstraktion ge- 
wonnen. Diese naturwissenschaftlichen Allgemeinbegriffe tragen 
streng nominalistisches Gepräge. Besondere Arten von Allgemein- 
begriffen sind 
2. der Strukturbegriff, mit dessen Hilfe die Erscheinungen 
räumlich zu bestimmten „Gestalten“ angeordnet werden bzw. als 
Gestalten erscheinen. Mit diesem Strukturbegriff arbeitet die Minera- 
logie seit jeher, die Chemie seit der Aufstellung der Strukturformeln 
durch Kekule, während er in die Physik durch die neuen Unter- 
suchungen von Köhler, Wertheimer u. a. einzudringen beginnt. 
Man muß sich davor hüten, diese „Gestalten“ mit „Ganzheiten“‘ 
zu verwechseln. Ganzheiten sind sie natülich nicht, da sie auch nun 
die quantitative Seite der Erscheinungen in Rücksicht ziehen. Köhler 
aennt seine Formeln „Beziehungen zwischen physischen Größen‘, 
13 H. Dingler, Zusammenbruch der Wissenschaft. 1926. S. 47£. Vgl. auch 
{esselben Verfassers mathematische Spezialschriften. Über den beherrschenden Ein- 
luß der Mathematik auf das Denken des 17. und 18. Jahrhunderts unterrichten: 
Alfr. Heubaum, Geschichte des deutschen Bildungswesens 1 (1905), ı93£.; 
Vaihinger in seinem Kant-Kommentar 1, 5. 240ff,; P. Menzer, Kants Lehre 
‚on der Entwicklung, 1911, 5. 214ff.; E. Cassirer, a. a. O. s. h. v.; Th. Su- 
ränyi-Unger, a. a. O. 1, 253; 2, 243f., 252ff. Vgl. auch noch die lehrreiche 
\bhandlung von Ewald Schams, Zur Geschichte und Beurteilung der exakten 
Denkformen in den Sozialwissenschaften in der „Zeitschrift für die gesamten Staats- 
wissenschaften‘. Band 85. 1928. Heft 3 und die dort angeführte neuere Literatur.
	        
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