Full text: Die drei Nationalökonomien

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position‘ ein, wie man gelegentlich wohl gesagt hat %. Gegen eine solche 
Annahme sprechen gewichtige Gründe der Wissenschaftslogik. Ich 
glaube, es ist überhaupt unmöglich, daß eine Wissenschaft „mitten- 
inne“ zwischen Wissenschaften grundsätzlich verschiedener geistiger 
Struktur stehe. Wo das der Fall und auch am Platze zu sein scheint, 
wie etwa bei der Geographie oder der Psychologie, handelt es sich 
immer um zwei ganz verschiedene Wissenschaften. In den meisteh 
anderen Fällen liegen nur Stilmischungen vor. Eine Wissenschaft 
muß wie der charaktervolle Mensch immer einen festen Standpunkt 
haben, von dem aus sie dann fremdartige Bestandteile ihres Wissens- 
stoffes meinetwegen auch mit den ihrer eigenen Denkweise fremder 
Forschungsmethoden behandeln mag. Das ändert aber nichts an der 
Tatsache, daß sie immer eine eindeutig bestimmte Wissenschaft 
bleibt. 
Die Nationalökonomie ist endlich 
3. Sozialwissenschaft, weil ihr Gegenstand: die Wirtschaft, 
3inen Teil der menschlichen Gesellschaft bildet. Und zwar ihrem 
Wesen nach, so daß das Soziale ein a priori ist, wenn wir Wirtschaft 
denken. Robinson ist der unwirkliche Grenzfall. Übrigens kann auch 
er sein Leben als einzelner nur fristen, weil er wenigstens aus einer 
Gesellschaftswirtschaft herkommt. Er hat zwar sonst nichts, aber 
loch das Hauptbuch auf seine einsame Insel gerettet, hat Marx ein- 
mal witzig und treffend bemerkt. 
Die Notwendigkeit des sozialen Charakters menschlicher Wirtschaft 
ist ebensowohl in äußerlichen wie innerlichen Bedingungen der Wirt- 
schaft begründet: äußerlich betrachtet kann die menschliche Unter- 
haltsfürsorge nicht anders als im gesellschaftlichen Verbande er- 
folgen, weil die Aufzucht des Menschen das Zusammenwirken 
mehrerer, mindestens zweier erheischt; innerlich betrachtet deshalb 
nicht, weil es keine wirtschaftliche Handlung gibt, die nicht Teil am 
sozialen Geiste hätte: erst muß das Gemeinsame, Verbindende, Ein- 
heitliche da sein, ehe die soziale Tätigkeit des einzelnen möglich ist. 
% J. E. Cairnes, 1. c. Lect, Il. Dilthey, Einleitung. S. 17. Schmoller, 
Art. Volkswirtschaftslehre im Handwörterbuch der Staatswissenschaften (bis zur 
3. Aufl).
	        
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