Full text: Die drei Nationalökonomien

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anknüpfen: Gemeinschaft und Gesellschaft, deren sich aber 
auch die Nationalökonomie mit Nutzen bedienen kann. 
Es geschieht aber auch bei zwei in unserem Jahrhundert heraus- 
gebildeten Leitideen, die mit ganz besonderer Vorliebe in unserer 
Wissenschaft Verwendung finden: der Idee der Tauschgesell- 
schaft und der der Volkswirtschaft. Jene veranlaßt uns, uns die 
menschliche Wirtschaft vorzustellen ’als eine amorphe, nur durch 
Vertragschließung auf dem Markte zusammengehaltene Summe von 
Individuen, als nur äußere Einheit; diese dagegen, die Idee der Volks- 
wirtschaft, läßt eine als lebendige Einheit gedachte wirtschaftende 
Volksgemeinschaft vor unserem geistigen Auge erstehen, lehrt uns 
alle Teilvorgänge des Wirtschaftslebens immer nur als Äußerungen 
eines gleichsam lebendigen Körpers, der von einem Gesamtgeiste er- 
füllt ist, ansehen, fordert uns auf, alle Einzelerscheinungen stets auf 
das Ganze auszurichten, von dem allein sie ihre Bedeutung und ihren 
Sinn empfangen. 
Ich habe oben bereits kurz darauf hingewiesen ”?, daß diese beiden 
Ideen sich als gestaltende Ideen der Nationalökonomie nicht eignen, 
daß sie diese vielmehr voraussetzen. Dessen wollen wir an dieser 
Stelle noch einmal recht lebendig inne werden. Die Idee der Tausch- 
gesellschaft ist von vornherein auf ganz bestimmte Wirtschafts- 
systeme — die Systeme mit Verkehrswirtschaft, deren es mehrere 
gibt — zugeschnitten: die Idee des Wirtschaftssystems schwingt also 
bei der Benutzung dieser Arbeitsidee von selbst immer mit. Nicht 
dasselbe ist der Fall bei der Idee der Volkswirtschaft: hier müssen 
wir uns vielmehr immer erst durch einen bewußten Aktus den Cha- 
rakter des Wirtschaftssystems hinzudenken, das wir unter dem Ge- 
sichtspunkt der Volkswirtschaft betrachten wollen. Offenbar gibt es 
eine kapitalistische und eine sozialistische Volkswirtschaft. Erst wenn 
wir wissen, welche wir meinen, können wir sachgemäß irgendwelche 
Probleme behandeln. Man nehme etwa das Problem der produktiven 
Kräfte, das ein spezifisch „volkswirtschaftliches‘‘ ist: es gewinnt ganz 
einen anderen Sinn, ob ich die produktiven Kräfte innerhalb dieses 
m 
7? Ausführlich in meiner „Ordnung des Wirtschaftslebens‘. S, 6.
	        
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