Full text: Die Meistbegünstigung im modernen Völkerrecht

11. Begriff der Meistbegünstigungsklausel. 
Staat. Die sogenannte negative Seite ist also nicht auf eine bestimmte 
Behandlung des dritten Staates (Entziehung der Vorteile) gerichtet, 
sondern sie ist nur eine Wiederholung der positiven in Form der doppel- 
ten Verneinung. Das Versprechen, einen Staat So günstig wie die meist- 
begünstigte Nation zu behandeln, ist identisch mit dem Versprechen, 
ihn nicht ungünstiger zu behandeln. RIEDL sagt auch selbst, daß die 
‚Empfindung‘ für den Unterschied zwischen der negativen und der 
positiven Seite mehr und mehr geschwunden sei, da dieser Unterschied bei 
der unbedingten Meistbegünstigungsklausel kaum noch eine praktische 
Bedeutung habe!l, Dennoch empfiehlt er für die Formulierung der Meist- 
begünstigungsklausel die Kombination der positiven und der negativen 
Formel, wie sie bedauerlicherweise sogar auch in die Musterklausel des 
Wirtschaftskomitees des V ölkerbundes aufgenommen worden ist. Sie lautet: 
„I. Les Hautes Parties Contractantes conviennent de s’accorder 
tEciproquement Ze fraitement inconditionnel et Üllimite de la nation 
la plus favorisee pour tout ce qui concerne les droits de douane et 
tous droits accessoires, le mode de Perception des droits, ainsi que 
les rögles, formalites et charges auxquelles les operations de d&douane- 
ment pourraient &tre soumises. 
2. En consequence, les produits naturels ou fabriques originaires 
de chacune des parties contractantes xe Seronb en aucun cas assu- 
jeftis, sous les rapports susvises, A des droits, taxes ou charges autres 
ou plus €leves ni ä des rögles et formalites autres ou plus onereuses 
que ceux auxquels sont ou seront assujettis les produits de m&me 
nature originaires d’un pays tiers quelconque. 
3. De meme, les produits naturels ou fabriques exportes du ter- 
citoire de chacune des parties contractantes A destination du terri- 
toire de l’autre partie “e seront en aucun Cas assujeitis, sous les 
mEmes rapports, & des droits, taxes ou charges autres ou plus dleves 
ni ä des regles et formalites plus ongreuses que ceux auxquels sont 
ou seront assujettis les m&mes produits destin&s au territoire d’un 
autre pays quelconque. 
4. Tous les avantages, faveurs, privileges et immunites qui ont 
&& ou seront accordes a V’avenir par l’une des deux parties contractantes 
1 Bei der unbedingten Meistbegünstigungsklausel ist diese Unterscheidung in- 
haltslos. Man bringt hier offenbar die bedingte mit der unbedingten Meistbegünsti- 
gungsklausel durcheinander. — Die bedingte Meistbegünstigungsklausel oder Re- 
ziprozitätsklausel (vgl. unten $ 10) enthält nämlich in der Tat eine negative und 
sine positive Seite, Unter der negativen Meistbegünstigungsklausel versteht man 
das Versprechen, den berechtigten Staat keiner ungünstigen Sonderbehandlung 
auszusetzen. Die negative Seite bedeutet an sich noch keine Meistbegünstigung. Sie 
wird zu einer solchen erst durch die Verbindung mit der positiven Klausel, die 
darüber hinaus — allerdings nur gegen ein Entgelt — den Anspruch auch auf 
Sondervorteile gewährt.
	        
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