Full text: Einführung in die Kriegswirtschaftslehre

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den Schilderungen der Ilias und Odyssee kennen 
lernen. Auch werden die internationalen Händler 
wohl jene Dinge bevorzugt haben, bei denen das 
Risiko dadurch verringert wurde, daß der jähr 
liche Zuwachs, der auf den Markt geworfen 
wurde, klein war im Verhältnis zur Gesamt 
heit der betreffenden Ware. Wenn z. B. die 
Getreideernte eines Jahres doppelt so groß ist 
als die des vorhergehenden, so merkt man 
das an den Preisen sehr deutlich; wenn die 
Goldernte doppelt so groß ist als im vorher 
gehenden Jahr, so merkt man das weit weniger, 
weil dieser Zuwachs nur wenig gegenüber den 
immer im Verkehr befindlichen Goldmassen ins 
Gewicht fällt. Schließlich werden die Händler ge 
merkt haben, daß sie durch das Aufbewahren 
von Fertigfabrikaten ein größeres Risiko liefen, 
als durch Aufbewahrung von Rohstoffen. Rohes 
Silber ließ sich jederzeit in eine Spange oder 
in eine Scheibe verwandeln. Aber was sollte 
der Händler tun, wenn Silberbroschen gesucht 
wurden und er nur bearbeitete Spangen hatte? 
Das Ergebnis wird gewesen sein, daß er unver 
arbeitetes Silber vorzog. Auf diese und ähnliche 
Weise wurden wohl die Metalle die wichtigsten 
internationalen Zahlungsmittel. Die Entstehung der 
Münze, des geprägten Metalls, fällt in eine weit 
spätere Periode. Die Einführung gemünzten 
Geldes war anfänglich von geringer, rein ver 
kehrstechnischer Bedeutung. Von wirklicher 
Wichtigkeit war erst die Schaffung minderwer 
tiger Münzen. Das Geld setzte zunächst keine 
Organisation voraus. Es vermittelte den Verkehr 
zwischen Menschen, die einander nie mehr nahe 
traten, wohl gar Ländern angehörten, die mit 
einander im Kriege lagen. Das Edelmetall war 
dort ein Bindeglied, wo eine staatliche oder ge 
sellschaftliche Ordnung fehlte. 
Wie wirkten nun solche Vorgänge auf das 
Inland zurück? Die Händler waren nun darauf 
bedacht, im Inland sich die für den internationalen 
Handel nötigen Tauschmittel zu verschaffen und 
immer häufiger suchte man sich wohl im Inlande 
im gewöhnlichen Leben durch die Veräußerung 
von Waren des internationalen Handels Güter 
zu verschaffen. Die Zahlungsweise, welche im 
ungeordneten internationalen Verkehr notwendig 
war, fand langsam auch im nationalen 
Zahlungsverkehr Eingang, wo sie nicht not 
wendig war. Eine weit höhere Organisation, 
die auf der staatlichen Ordnung basierte, die 
entstehende Großnaturalwirtschaft, wurde 
durch eine Umsatzform verdrängt, die für Feinde und 
Fremde geschaffen worden war. Das Geld, welches 
auf dem internationalen Markte die Fernsten 
einander annäherte, entfernte nun im Inlande die 
Nächsten voneinander. Menschen aus verschiedenen 
Ländern, die einander gar nicht kannten, 
wurden einander angenähert, aber Brüder be 
gannen im Inlande einander nun wie fremde 
Kaufleute anzusehen und handelten darnach. Es 
ist hier nicht der Ort, die eigenartige Doppel 
funktion des Geldes näher darzustellen, wie es 
einerseits verbindet, anderseits trennt, aufbauend 
und zersetzend wirkt. Das Gesagte dürfte wohl 
genügen, um zu zeigen, daß man der Geld 
ordnung an sich kritisch gegenüberstehen 
und vor allem bei Erörterung prinzipieller kriegs 
wirtschaftlicher Fragen sich davor hütten müsse, 
sie als eine Selbstverständlichkeit hinzunehmen. 
Seine Hauptfunktion hat das vollwertige 
Metallgeld dort, wo Vertrauen oder 
Organisation oder beide zugleich 
mangeln. 
Allmählich aber beginnt das Geld eine neue 
Wandlung durchzumachen, es wird wieder ein 
Etwas, das der organisierenden Kraft der Gesell 
schaft unterliegt. Wir können uns ein Bild von 
dieser Wandlung machen, wenn wir uns in das 
Feldlager eines antiken Heeres versetzen. Der 
Feldherr hat von zu Hause zu wenig Sold be 
kommen. Er prägte nun z. B. neues Geld aus, 
das die alte Bezeichnung führte, aber weniger 
Edelmetall enthielt. Der neue Denar hatte z. B. 
nur halb so viel Gold als der alte. Nichtsdesto 
weniger verkündete der Feldherr, daß alte 
Schulden mit den neuen Denaren gezahlt werden 
könnten, daß die Händler die neuen Denare so 
wie die alten anzunehmen hätten, daß aber sie 
ihrerseits wieder ihre Abgaben in neuen Denaren 
leisten könnten. Diese Maßnahmen bewährten 
sich und fanden vielleicht Verbreitung im ganzen 
Lande. Es schien ein Mittel gefunden, den Güter 
umsatz mit weniger Edelmetall als bisher zu er 
möglichen. Vor allem aber konnte die Regierung 
sich jederzeit Geld verschaffen, indem sie aus 
einer Anzahl alter Geldstücke eine größere An 
zahl neue prägte. Die ersten Schwierigkeiten 
ergaben sich wohl im internationalen Ver 
kehr. Wenn einer der Krieger in Damaskus dem 
Araber neue Denare als Zahlung anbot, zog dieser 
wohl seine Wage heraus, um sie zu wiegen. Für 
ihn sind die Denare Dinge, die daheim um 
geschmolzen werden, um als Schmuck zu dienen, 
er nimmt sie nur, insoferne sie Gold enthalten, 
der Name, den die Münzen führen, ist ihm gleich- 
giltig, ebenso ob man damit im Staate, der sie 
geprägt hat, Schulden zahlen kann oder nicht. 
Wenn der Soldat nun mehr Denare als früher für 
ein Pferd zahlen mußte, mag er wohl über 
Fälschung geklagt haben. Und so gelangt 
bereits das Altertum zu zwei Standpunkten, 
der eine sieht in der Münze ein Ding, das seine 
Kaufkraft dem Metallgehalt verdankt, der andere 
dieht darin ein Ding, das seine Kaufkraft staat 
lichen Verfügungen verdankt. Beide hatten recht, 
sie einen, soferne die Münze als inter 
nationales, die anderen, soweit sie nur als 
nationales Zahlungsmittel in Anspruch ge 
nommen wurde. 
Vollwertiges Geld, das ist solches, für das 
man sich ungefähr so viel Metall kaufen kann, 
als in ihm enthalten ist, konnte jederzeit auch 
national verwendet werden; das minderwertige
	        
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