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Tabelle XXVIII.
Rußlands Handel mit Deutschland und England
in Millionen Rubel
Einfuhr aus:
1906
1907
1908
1909
1910
1911
Deutschland
270
316-
320
363
450
488
England
104
115
121
127
154
155
Ausfuhr nach:
1906
1907
1908
1909
1910
1911
Deutschland
284
291
279
387
391
490
England
225
228
220
289
315
337
aber solche Erfolge sind überaus unwahrscheinlich.
Freilich, wenn der Krieg siegreich für Deutsch
land endigt, kann es den Handelsvertrag mit
Rußland zu seinen Gunsten einrichten ; aber ob
die während des Krieges erlittenen Schäden damit
ausreichend gedeckt sind, bleibt fraglich, zumal
man selbst nach e ; nem siegreichen Kriege kaum
alle jene Beziehungen beseitigen könnte, welche
die Engländer inzwischen in Rußland angeknüpft
haben dürften. Dazu kommt noch, daß in solchen
Fällen auch dritte Staaten Boden gewonnen haben
können und auf deren Tätigkeit hat selbst der
Sieger begreiflicherweise nur geringen Einfluß.
Die Intervention Dritter läßt Zollkriege also über
aus bedenklich erscheinen. Oesterreich-Ungarn ist
aus dem Zollkrieg mit Rumänien geschädigt her
vorgegangen, es hat auch durch den Zollkrieg mit
Serbien schwer gelitten. Die Italiener und Deutschen,
die politischen und militärischen Bundesgenossen
der Monarchie haben die Gelegenheit benützt und
haben sich in Serbien sofort festgesetzt. Als der
Zollkrieg zu Ende war, hat Oesterreich-Ungarn
nur einen Teil der früheren Position wieder
gewonnen.
XII. Der Kriegserfolg.
1. Eroberung und Einflußsphäre.
Wir müssen uns nun darüber orientieren,
welche Wirkungen denn ein siegreicher Krieg aus
übt. Beginnen wir mit der Okkupation eines
Gebietsteiles. Norman Angell behauptet einfach:
«Reichtum, Wohlfahrt und Wohlbefinden einer
Nation hängen in keiner Weise von ihrer politi
schen Macht ab.» Dies wäre dann der Fall, wenn
es keine Zollgrenzen geben und man keine
Bevorzugung bestimmter Bevölkerungsgruppen
kennen würde. Durch die Verschiebung der Zoll
grenzen kann man aber erhebliche Vorteile er
zielen; man kann Absatzgebiete bekommen, die
einem früher verschlossen waren. Bevor Oester
reich-Ungarn Bosnien okkupierte, mußte es beim
Import nach diesem Lande die türkischen Zölle
zahlen, nach der Okkupation fielen dieselben weg.
Die Eroberung eines Gebietsteiles kann aber
auch schwere Schäden für den Eroberer nach
sich ziehen. In der Literatur Rußlands und
Oesterreich-Ungarns bespricht man häufig die
Wirkungen eines Krieges zwischen diesen beiden
Staaten. Angenommen Oesterreich-Ungarn wäre
siegreich und ein Teil von Russisch-Polen würde
annektiert. Das Resultat wäre, daß Russisch-Polen,
welches jetzt den ganzen Osten mit Waren ver
sorgt und eine gewaltige Industrie besitzt, vom
Osten durch Zölle ferngehalten würde. Es wäre
für Rußland Ausland, wie heute etwa Eng
land. Innerhalb Oesterreich-Ungarns müßte die
polnische Industrie einen Ersatz suchen. Sie
müßte hier mit der österreichischen und ungar
ischen Industrie kämpfen. Galizien dürfte ihr
sofort als Absatzgebiet zufallen. Die westöster
reichische Industrie könnte sich einer polni
schen gegenüber dort kaum halten. Ich
weise nur flüchtig auf solche Probleme hin und
lasse andere Fragen ganz aus dem Spiel. So
würde z. B. die Angliederung größerer Polen
massen in Deutschland zweifellos Mißstimmung
erregen, da man dort jede Stärkung des Polen-
tums in Deutschland oder in der Monarchie
fürchtet. Wir sehen an diesem einen Beispiel, daß
man sich gleichzeitig mit der militärischen Er
oberung die Folgen derselben auf Produktion und
Handel ausmalen muß, soll man nicht nachträglich
Probleme lösen müssen, von denen man im vor
hinein nicht weiß, ob man ihnen gewachsen ist.
Von größter Wichtigkeit ist auch die An
gliederung von Rohstoffgebieten. Es ist
z. B. für Deutschland sehr bedeutsam, die Baum-
wollgebiete Mesopotamiens seiner Einflußsphäre
einzugliedern. Nur so kann es hoffen, vom nord
amerikanischen Baumwollmarkt unabhängig zu
werden. Nicht nur im Kriegsfall, auch im Falle
eines wirtschaftlichen Konfliktes ist Deutschlands
Abhängigkeit von Amerika eine Bedrohung der
Industrie. Die Vereinigten Staaten könnten z. B.
als Repressalie einen erheblichen Ausfuhrzoll auf
Baumwolle legen. Daß Ausfuhrzölle Vorkommen,
ist ja bekannt. So kennen wir in der Monarchie
einen Ausfuhrzoll auf Hadern, die zur Papier
fabrikation benötigt werden; es ist dies ein in
dustriefördernder Zoll, während der Ausfuhrzoll
Chiles auf Salpeter ein Finanzzoll ist. Um von den
Vereinigten Staaten in Krieg und Frieden unab
hängig zu sein, aber auch aus einigen anderen
Gründen, ist Deutschland bestrebt, Berlin mit
Bagdad zu verbinden. Es ist aus diesem Grunde
für Deutschland sehr wichtig, daß der ganze
Schienenstrang von Berlin bis Bagdad über Ge
biete läuft, die deutschem Einfluß zugänglich sind.
Deutschland braucht die Freundschaft der Türkei,
es ist an einem dreibundfreundlichen Bulgarien
und Rumänien ebenfalls direkt interessiert. Diese
großzügigen Ideen sind aber nicht etwa erst ein
Ergebnis der letzten Zeit. Schon der große
deutsche Nationalökonom Friedrich List hat Klein
asien als die prädestinierte Interessensphäre
Deutschlands angesehen. Ich habe diesen einen