Full text: Wissenschaftlicher Sozialismus, Kommunismus, Anarchismus und Bolschewismus

25 
daß es Pflicht des Staates sei, zugunsten der Arbeiter gesetzliche Maßnah 
men zu treffen. Mag auch die neuere deutsche sozialpolitische Gesetzgebung 
in ihrer praktischen Durchführung noch so -weit von Lassalles Plänen ent 
fernt sein, so indirekt geht sie in vielen Punkten auf Anregungen zurück, die 
von ihm ausgingen: vor allem in dem Grundgedanken, daß ohne staatliche 
Intervention gegenüber dem freien Arbeitsvertrag eine kulturelle Hebung 
der Arbeiterklasse unmöglich sei." Ganz anders als dieses maßvolle, man 
kann sagen wohlwollende Urteil eines bürgerlichen Nationalökonomen — 
Karl Diehl a. a. O., S. 411 — über die Bedeutung Lassalles lautet die 
schroffe Kritik seines großen Zeitgenossen Karl Marx in einem für den so 
zialdemokratischen Parteivorstand bestimmten Briefe vom 5. Mai 1875, an 
läßlich des Entwurfs des Gothaer Programms für die einige „Sozialistische 
Arbeiterpartei Deutschlands": „Läsfalle hat im Gegensatz zum kommunisti 
schen Manifest und zu allem früherem Sozialismus die Arbeiterbewegung 
vom engsten nationalen Standpunkt gefaßt . . . Das ganze Programm ist 
trotz alles demokratischen Geklingels durch und durch vom 'llntertanenglau- 
ben der Lasfallefchen Sekte an den Staat verpestet." Marx erkannte eben 
mit seiner unerbittlichen Klarheit den gewaltigen Gegensatz zwischen dem 
nationalen Sozialismus von Lassalle und den gegenwärtigen, ins 
besondere dem preußischen Staate feindlichen und ihn schroff 
negierenden internationalen Sozialismus auf das deutlichste. So 
urteilt er in seinem äm Jahre 1868 an den Nachfokgex Lassalles im Vorsitz 
des Allgemeinen Deutschen Arbeitervereins den Frankfurter Jean Baptiste 
v. Schweitzer, gerichteten Schreiben: „Der Staat verwandelte sich ihm in 
den preußischen Staat. So wurde er zu Konzessionen an das preußische 
Königtum, die preußische Reaktion sdie Feudalparteis und selbst die Kleri 
kalen gezwungen." 
#
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.