Full text: Die deutschen Großbanken im Dienste des Kapitalexports

IV 
ergänzen muss, besonders wenn die Bevölkerung des Heimatlandes 
seine wirtschaftlichen Bedürfnisse nicht mehr ausschliesslich im 
eigenen Lande decken kann. Auf die Dauer kann der Kapitalexport 
nicht beliebig unterbunden oder begünstigt werden, ohne dass eine 
nachteilige Rückwirkung innerhalb der nationalen Volkswirtschaft 
emtritt: entweder eine Hintansetzung auf dem Weltmärkte oder 
eine gefährliche Abhängigkeit von dem Auslande. Es ist unzweifel 
haft richtig, dass der Kapitalexport, resp. seine Erträgnisse für die 
heimische Volkswirtschaft eine Art Rückversicherung bilden, wenn 
schlechte Ernten und schlechte industrielle Konjunkturen im Heimat 
lande drohen. Ebenso richtig ist es, dass der Kapitalexport ein 
wichtiges Friedensmoment ist; ein moderner Krieg unter Kultur 
staaten lähmt nicht nur den eigenen Handel und den des Gegners, 
er lähmt den Welthandel und schädigt Freund wie Feind. Diesen 
Erwägungen wohl allein ist es zu verdanken, dass 1912/13 der 
Kriegsherd auf den Balkan beschränkt blieb, indem die Grossmächte 
den kleinen Raubstaaten Konzessionen über Konzessionen machten 
und die Türkei im Stiche Hessen. 
Das gegenseitige Misstrauen der Mächte hat sich noch ver 
schärft, und da keiner im Ernstfälle schwächer als der andere da 
stehen will, rüstet man in Deutschland wie anderswo auch mit dem 
Aufgebot der letzten Kräfte. Es wird das Nationalvermögen auf 
seine Belastungsfähigkeit nach allen Seiten und in allen Ecken ge- 
piüft; man stellt Vergleiche zwischen den einzelnen Staaten auf. 
Allgemein wird das Volksvermögen Deutschlands auf 270 Milliarden 
Mark geschätzt (Direktor v. Gwinner schätzt es auf 300 Milliarden), 
das französische Nationalvermögen wird mit 170 Milliarden an 
gegeben (was allerdings zu niedrig gegriffen ist), das Volksvermögen 
Grossbritanniens berechnet man auf 260—300 Milliarden und das 
der Vereinigten Staaten auf 450 Milliarden. — Sicher ist, dass 
Deutschland inbezug auf seine finanzielle Kraft, trotz seiner relativen 
Jugend, an der Spitze der Kulturstaaten steht. Sein jährlicher Ver 
mögenszuwachs beträgt etwa 4 Milliarden Mark. Die Steuerkraft 
seiner Bewohner ist nach oben und unten stark gewachsen und die 
untere soziale Schicht steigt unaufhaltsam in eine höhere Stufe 
empor. 
Das vorliegende Buch gibt eine Übersicht der Geschäftsbezieh 
ungen des deutschen mobilen Kapitals nach dem Auslande: wie und 
wo der deutsche Bankier, der Fabrikant und der Exporteur seine
	        
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