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nennen möchte, jenes lügenhafte, eines rechtlichen und sitt
lichen Staates unwürdige Spiel, das man mit den Vieh
krankheiten treibt! Und nicht länger ernst genommen werden
kann die heuchlerische Aengstlichkeit, die sich angeblich um
Viehseuchen kümmert, während man gegenüber Seuchen der
Menschen absolut kein Erbarmen hat! (Beifall.)
Wenn wir nun sehen, daß selbst ungarische Feudal
agrarier einiges Einsehen zeigen, so muß es uns wunder
nehmen, wenn angesichts dieser offenkundigen Tatsachen
unser Berchtold mit dem serbischen Pasitsch zusammenkommt
und ihm als Konzession anbietet, die Serben sollen lebendes
Vieh nicht nach, sondern durch Oesterreich frei ausführen
dürfen. Daß den Serben der Handelsweg zur Adria nach
Italien freigegeben wird, das also soll nach so viel Leiden
und Kämpfen der letzte weise Ratschluß der österreichischen
Handelspolitik sein! Daß wir für das Ausland Kuppler und
Gelegenheitsmacher werden, uns selbst aber den trockenen
Mund wischen sollen, das heißt in der Tat
zu dem Hunger der Massen noch den Hohn fügen.
Ein ernstes Wort an unsere Unternehmer.
Und da müssen wir uns mit einem Worte auch an die
Industriellen wenden, denn der Appell an die Regierung
scheint vorläufig, wie man sieht, bei uns noch ein Appell an
taube Ohren zu sein! Man kann sich in Oesterreich auch nicht
an die Politiker und Parlamentarier wenden. Denn was
sich bürgerlicher Politiker in Oesterreich nennt, ist bis auf ein
Dutzend Schweiger eine Gesellschaft von akademischen, halb-
akademischen und züuftlerischen Quarktretern, die für
handelspolitische, sozialpolitische und staatspolitische Fragen
absolut kein Interesse und keinen Verstand haben. (So
ist es!) Diese Gesellschaft ist imstande, wegen eines Ueber-
setzungsbureaus in Prag die höchsten Staats- und Wirt-
schaftsiuteressen aufs Spiel zu setzen. Es iväre ganz ver
geblich, zu diesen Herren zu reden. Es bleibt nichts anderes
übrig, als direkt an unsere Gegner in der Werkstatt heranzu
treten, an ihr eigenes Interesse zu appellieren, damit die
Unternehmer über ihre Abgeordneten hinweg begreifen, was
in diesem Staatswesen augenblicklich ihre Pflicht ist.
Nun haben auch die Industriellen eine Tagung ge
habt, und da hat der Kammerpräsident Neumann aus
Neichenberg gemeint: „Im allgemeinen bin ich der Meinung,
daß unser Tarif in seinen industriellen Positionen keine sehr