Taubenpost. Rohrpost. Ballonpost. 821
fort, in dem sie schwebten. An jedem Ballon befanden sich zwei Sicherheitsventile, das
eine an dem oberen und das andere an dem unteren Ende. Nach zwei- bis dreistündiger
Fahrt gingen die Ballons nieder. Während der Belagerung von Paris wurden von da
65 Ballons abgelassen; davon fielen 36 in den vom Feinde nicht besetzten französischen
Landesteilen nieder, 14 kamen in den von den Deutschen besetzten Departements an, doch
gelangten nur fünf hiervon in die Hände des Feindes, die übrigen neun wurden von
Franzosen geborgen. 13 Ballons gingen im Auslande nieder, und zwei gerieten aufs
Meer, wo sie ihren Untergang fanden. Im ganzen sind durch die Ballonpost etwa
2 500 000 Briefe im Gewichte von ungefähr 10 000 kg befördert worden. Die Pariser
Journale wurden ebenfalls mit der Ballonpost nach den Departements expediert. Mit
der Kapitulation von Paris erreichten auch diese eigentümlichen Unternehmungen ihre
Endschaft. Doch wird militärischerseits dem gedachten Beförderungsmittel fortgesetzt die
größte Aufmerksamkeit geschenkt und die Handhabung desselben durch eine Luftschiffer
abteilung der Eisenbahnbrigade der deutschen Armee schon in Friedenszeiten eingeübt, um
im Kriege für den Notfall davon Gebrauch machen zu können.
Nachdem wir hier zwei Arten von Posten besprochen haben, die ihren Weg durch
die Lüfte nehmen, wollen wir noch eine Gattung erwähnen, welche im Gegensatze zu
jenen, dem Maulwurfe gleich, auf unterirdischen Bahnen sich bewegt; es ist die
Rohrpost, durch welche in einzelnen großen Städten Sendungen von einem Stadt
teile zum anderen befördert werden. Obgleich sie noch nicht sehr lange besteht, hat sich die
Rohrpost doch schon zu einem unentbehrlichen Verkehrsmittel der großen Städte heraus
gebildet. Sie wurde zuerst in London im Jahre 1854 angelegt; später folgten Paris,
Wien und 1876 Berlin mit der gleichen Einrichtung. Wie bei der Ballonpost, so bildet
auch bei ihr die Luft die bewegende Kraft.
Die zu befördernden Sendungen werden in Kapseln eingeschlossen, deren Fort
bewegung in eisernen, in die Erde gebetteten Röhren erfolgt. In London laufen die
Röhren strahlenförmig von der Hauptstation aus, so daß die übrigen Stationen nur mit
der Hauptstation in unmittelbaren Verkehr treten können, während in Paris und Wien
die Röhren im Kreisläufe verschiedene Stationen berühren und den Verkehr zwischen
diesen untereinander ermöglichen. In Berlin wurde zunächst das letztere System gewählt,
weil bei diesem die Anlage- und Betriebskosten sich erheblich niedriger stellten als bei
dem anderen. Nachdem sich aber gezeigt hatte, daß bei Anwendung des erstgedachten
Systems sich im allgemeinen eine weit schnellere Übermittelung der Sendungen nach dem
Bestimmungsorte erreichen ließ, wurde die kreisförmige Anlage bis zum Jahre 1884
nach und nach in eine strahlenförmige umgewandelt. Die Rohrpostanlage in Berlin
(mit Einschluß der Vororte Charlottenburg, Rixdorf und Schöneberg) bestand 1898 aus
118,05 km schmiedeeiserner Röhren von 65 mm lichtem und 74 mm äußerem Durchmesser.
Sie liegen etwa 1,25 m tief unter dem Straßenpflaster und verbinden 53 Rohrpostämter
miteinander. Durch diese Röhren wird täglich in der Zeit von 7 Uhr morgens bis
10 Uhr abends zwischen je zwei Stationen alle Viertelstunden ein Zug von 5 bis 10
Briefkapseln befördert. Letztere sind in cyliudrischer Form aus 1 mm dickem Aluminiumblech
hergestellt; ihre Länge beträgt etwa 15 am, während ihr Umfang dem inneren Raume
der Röhren so angepaßt ist, daß zwischen ihnen ein Spielraum von 3 1 / 2 mm verbleibt.
Die Cylinder haben an dem einen Ende einen Metallverschluß, während sie an dem
anderen offen sind, um die zur Beförderung bestimmten Gegenstände aufzunehmen. Nach
der Füllung der Cylinder wird ihr Verschluß durch eine 11 cm lange lederne Kappe
hergestellt, die sich an die äußeren Metallwände des Cylinders eng anschließt. Der Kopf
der Kappe besteht aus mehrfach übereinander gelegten Lederstücken, um die Wirkung der
Stöße, welche die Kapseln bei der Beförderung zu erleiden haben, abzuschwächen. Die
Fortbewegung der Kapseln in den Röhren geschieht entweder durch Druck mittels gepreßter
Luft oder durch Ansaugen mittels verdünnter Luft. An acht verschiedenen Stellen der
Stadt Berlin sind Dampfmaschinen aufgestellt, durch welche unter Verwendung von je
zwei Luftpumpen die Luft in geräumigen, von starkem Eisenblech gefertigten Behältern