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Die unterseeische Telegraphie: Spiegelgalvanometer. Legung des Kabels.
die Gefahr eines Bruches tritt um so näher, wenn außerdem noch der Meeresboden un
gewöhnlich tiefe Stellen bietet, infolge deren das Tau oft plötzlich mit einer sehr großen
Beschleunigung hinabschießt, aller Bremsversuche spottend. Dann wird nicht selten der
Kurs verloren, und das Kabel muß, wenn es nicht schon vorher von selbst gerissen,
geopfert d. h., um nur Schiff und Mannschaft zu retten, auf offener See gekappt werden.
Alle diese Gefahren und Schwierigkeiten nehmen natürlich, je weiter der Weg, je
schwerer das Getvicht des Taues und je tiefer der Meeresboden ist, an Bedeutung zu,
und es bedarf dann nicht nur der sorgsamsten Vorbereitung für alle Fälle, der Unter
stützung durch Maschinen und Hilfsmittel, sondern auch der höchsten Ruhe wie Geistes
gegenwart des Leiters der Fahrt, um im Moment der größten Widerwärtigkeiten doch
noch soviel als möglich von dem ganzen Unternehmen zu retten. Die größte Leistung
der unterseeischen Telegraphie, die Legung des ersten atlantischen Kabels, ist an Beispielen
solcher Art reich. Ganz abgesehen von dem wirklichen Bruch des Drahtseiles kommen
genug Fälle vor, wo sich im Verlauf der Abwickelung schadhafte Stellen zeigen oder ent
stehen, und da man bei der großen Spannung des Kabels dasselbe in seinem Hinab
schießen nicht immer aufhalten kann, werden nachträgliche Auf-
fischnngen behufs der Wiederherstellung oder Bergung nötig.
Um für diese später anzustellenden Rettungsversuche den Ort
zu bezeichnen, werden Bojen an Ankerketten ausgesetzt. Läßt
sich aber durch solche sichtbare Merkzeichen die Stelle nicht
wiederfinden, so muß dieselbe vom Lande aus bestimmt werden.
Dies ist ausführbar, wenigstens bis auf annähernde Entfernung
mit Hilfe eines sehr empfindlichen Galvanometers. Das Jn-
832. Anwendung des Spiegrlgalvanometcro an der Themse während der KlldrUrgung.
strument ist ein Apparat mit einer sehr empfindlichen Magnetnadel, welche, je nachdem der
elektrische Strom ein mehr oder weniger langes Stück der Leitung bis zur verletzten Stelle
zu durchlaufen hat, mehr oder weniger weit auf einer Skala ausschlägt und dadurch ge
stattet, ungefähr die Gegend zu bestimmen, an welcher die Leitung unterbrochen ist. Der
untersuchende Ingenieur folgt auf einem Schiffe der Lage des Kabels, nachdem er den
Fehler mit Hilfe jenes Instrumentes thunlichst genau ermittelt hat. Dann läßt er mittels
eines Greisankers oder Enterhakens nach dem Kabel suchen. An Bord heraufgewunden,
wird letzteres genau geprüft, die schadhafte Stelle ausgeschnitten und mittels einer
Spleißung ein neues Stück Kabel eingefügt. So bietet die Ausbesserung eines Kabels
heutzutage keine besonderen Schwierigkeiten mehr dar, namentlich wenn die Tiefe, im
welcher dasselbe geborgen, die Heraufholung nicht zu sehr erschwert.
Sieben Jahre lang leisteten die beiden ersten, im Jahre 1866 glücklich verlegten
bzw. wieder hergestellten transatlantischen Kabel dem Handel und dem politischen Verkehr
zwischen der Alten und Neuen Welt ziemlich ununterbrochen ihre Dienste, dann ivurde zu
Anfang 1873 das Doppelband für den Gedankenverkehr zwischen beiden Halbkugeln von
neuem verletzt; etwa 900 km jenseit Valentias brach abermals das ältere Kabel in der
bedeutenden Meerestiefe von beinahe 4 km; die Kosten zur Auffischung seiner beiden
Teile und zur Wiederherstellung des Ganzen sind auf etwa 3 Millionen deutsche Reichs
mark veranschlagt worden. Inzwischen war aber bereits seitens der àgio American
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