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Not mich in de» Ländern nicht mehr abhelfen konnte. So kam cs
da»», trotz aller Zentralisierung oder vielleicht gerade deshalb, znr
gegenseitigen Absperrung der Länder unb Bezirke, welche der geordneten
Ernährnngswirtschaft völlig den Boden entzog, Absperrungen, welche,
als Palliativ gegen den durch die Not erzeugten Schleichhandel gedacht,
diesen erst recht in die Halme schießen ließen. Nicht zuletzt hat an
den nugenügenden Erfolgen unserer Ernährnngswirtschaft der Mangel
an einer geeigneten Berwaltnngsmaschine Schuld gehabt. Für die
staatliche Bewirtschaftung war der behördliche Friedensapparat vielfach
ungeeignet, es hat an wirklich geeigneten Unterstellen für die Behand
lung der Wirtschaftsfrage», wie sie sich Deutschland in den Kommunal-
verbänden geschaffen hat, gefehlt. Die Versuche, diese Lücken auszu
füllen, haben nur teilweise Erfolg gehabt, sie konnten eine entsprechend
funktionierende Organisation nicht ans dem Boden stampfen,
Die Bevölkerung interessiert es wenig, warum eine Maßnahme
nicht reüssiert. Sie sieht nur den Mißerfolg und ans diesem Grunde
erscheint eS mir auch unnütz, zu untersuchen, ob der Schleichhandel
die Folge des Versagens, des Systems oder die Ursache dieses Versagens
ist und ivar. Es ist übrigens außer Frage, daß die Funktionen des
Schleichhandels, die einerseits vielfach überschätzt werden andererseits
in bestimmten Richtungen zweifellos die öffentliche Bewirtschaftung schwer
schädige», also ursächlich wirken. Charakteristisch hiefür ist zum Beispiel,
daß anläßlich der Einstellung des Sonntagsverkehres aus den Bahnen
die Zulieferungen von Milch nach Wien an Montagen gegenüber früher
anstiegen, ivas immerhin zu beweisen scheint, daß der Schleichhandel
große Milchmengen der öffentlichen Bewirtschaftung und damit der
gleichmäßigen Verteilung entzogen hat. Jedenfalls ist der Schleichhandel
da — als Ausfluß des Lebeiiserhaltungstriebes, als eine Art Neben
regierung der Aufbringung, als eine Organisation der Aufbringung, die
auf Anbot und Nachfrage aufgebaut, ausschließlich durch hohe Geld-
anbotc wirksam wird. Er bewirkt also gerade das Gegenteil dessen,
was man angesichts des Mangels und des Mißverhältnisses von Anbot
und Nachfrage ausschalten wollte, nämlich die freie Preisbildung nach
diesem Gesetze. Verschwinden wird er trotz aller Aufgebote zu seiner
Unterdrückung erst, wenn der Mangel beseitigt ist und beseitigt werden
kann, somit im Falle genügender Importe.
*) Bel einem Tagesbedarf von ungefähr 700.00» Kilogramm Mehl in
Wien leistet der Schleichhandel, tute hoch immer man ihn schätzen mag. sicherlich
mir einen kleinen Bruchteil der Deckung.