Full text: Ernährungswirtschaftliche Gegenwartsprobleme in Österreich

Warum wird nun, wenn bet Weg der'öffentlichen Bewirtschaf 
tung der Jnlandsproduktion nicht znin Ziele führte, nicht der andere, 
so sehr befürwortete Weg der freien Wirtschaft betreten? Kann ans 
diesem Wege, wie behauptet wird, eine sofortige Steigerung der Pro 
duktion und eine bessere Versorgung, ja sogar, wie behauptet wird, 
eine billigere, jedenfalls billigere Versorgung als durch den Schleich- 
handel, erreicht werden? 
Die Öffentlichkeit, die den bestehenden Zustand unbefriedigend 
empfinden muß, betrachtet diejenigen als Messiasse, die die Heilslehre 
verkünden, daß bei Berivirklichung ihres Programmes alles besser 
würde — sowie dies vor Wahlen öfters stattfindet Es soll schon 
vorgekommen sein, daß die Wähler dann von ihren Messiassen sehr 
enttäuscht waren! 
Was die behauptete sofortige Produktionsvermehrung in beträcht 
lichem Ausmaße anlangt, so kann eine solche Steigerung doch wohl 
nur in längerem Zeiträume und durch systematische Arbeit sich voll 
ziehen, sie hängt von einer Reihe kultureller, klimatischer und natür 
licher Bedingungen ab, die sich entweder nicht oder nur sehr langsam 
ändern lassen und mit der freien oder gebundenen Wirtschaft nicht viel 
zu tun haben. Inwiefern gewisse, insbesondere durch eine falsche Preis 
politik verursachte Nachteile der öffentlichen Bewirtschaftung beseitigt 
werden können und . müssen, davon wird noch später zu reden sein. 
Eine sofortige nennenswerte Steigerung der Produktion jedoch, deren 
Tiefstand durch ganz andere Ursachen, unmittelbar durch den Krieg und 
dessen Nachwirkungen, herbeigeführt wurde, ist von einer unvermittelten 
Aufhebung des öffentlichen Bewirtschaftnngssystems wohl kaum zu 
erwarten. 
Was aber die gleichfalls behauptete sofortige Besserung der 
Ernährungslage iui Falle der Aufhebung der öffentlichen Bewirtschaftung 
und Freigabe deS freien Verkehrs anlangt, so will ich zugeben, daß 
möglicherweise durch kurze Zeit mehr Ware auf den Markt käme, ohne 
Zweifel aber zu so hohen Preisen, daß die weniger kaufkräftigen 
Schichten der Bevölkerung, die ja den überwiegenden Teil der Bevöl 
kerung bilden, leer ausgehen müßten. Nach kurzer Zeit hätte aber der 
ganze Zauber ein Ende. Waren produzieren kann der Handel und der 
freie Verkehr ja doch nicht, und mehr herausbringen als da ist, kann 
er auch nicht. Und daß wir zu wenig erzeugen, um alle zu versorgen, 
das habe ich schon eingangs meiner Ausführungen erwähnt und das 
muß doch wohl nicht immer wieder neuerlich nachgewiesen werden. 
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