Größe und Bevölkerung. Bis zur ersten Teilung im Jahre
1772 erstreckte sich das Königreich Polen nach Osten und Norden
hin ungefähr bis zum Dnjepr und bis zur Düna. Im Nach
stehenden soll jedoch unter Polen immer nur das sogenannte
„Weichselgebiet" verstanden werden, das einen Flächenumsang
von 126 955 qkm mit einer Bevölkerung von 12 776 100 Ein
wohnern (Zählung vom 1. Januar 1912) hat. Es besteht aus
10 Gouvernements: Suwalki, Lomscha, Plozk, Warschau, Kalisch,
Siedlez, Radom, Petrikau, Kielce und Lublin.
Die mittlere Bevölkerungsdichte Polens mit 100,5 Ein
wohnern auf 1 qkm ist eine recht hohe. Polen ist damit
die dichtest bevölkerte Provinz des europäischen
Rußlands, in dem die durchschnittliche Bevölkerungsdichte
nur 28,9 Einwohner auf den qkm betrügt. Bemerkenswert ist der
erhebliche Unterschied der Dichte in den Landesteilen links und
rechts der Weichsel. Die linksseitigen, vornehmlich Handel und
Industrie treibenden Gouvernements haben im Durchschnitt 128
Einwohner auf einen qkm, während die rechtsseitigen, vornehm
lich Landwirtschaft treibenden, nur 75 Einwohner auf einen qkm
zählen. Im Durchschnitt bleibt die Bevölkerungsdichte Polens
somit hinter der allgemeinen Bevölkerungsdichte Deutschlands,
das eine Volksdichtigkeit von 120,0 Einwohner auf den qkm
hat, zurück; sie übersteigt jedoch die Bevölkerungsdichte von Ost
preußen mit 59,5, Westpreußen mit 64,3 und Posen mit 68,5
Einwohnern auf den kqm, Sie ist ferner größer als in der
Schweiz (91,1), Österreich-Ungarn (75), Frankreich (73,8),
Dänemark (70,7) und in anderen europäischen Staaten.
Über die Verteilung der Bevölkerung auf die 10 Gouver-
nemnets gibt die folgende Tabelle Aufschluß. Aus dieser ist auch
die Nationalität der Bevölkerung zu ersehen.
Die Russen teilen sich in Großrussen, Kleinrussen und
Weißrussen. Die Großrussen stellen das eigentliche Russentum
des Zentrums Moskau dar; bei ihnen ist der finnische und mon
golische Einschlag am stärksten. Sie gehören der griechischen
Kirche an. Die Kleinrussen sind die Bewohner der Ukraine
< Ruthenen); sie gehören, soweit sie nicht von den Russen ge
waltsam zur orthodoxen Kirche „bekehrt" wurden, zur uniierten
Kirche und stellen sich nach Sprache und Sitte aus einen Sonder
standpunkt. Die Weißrussen bilden den Übergang vom Russen-
tum zum polnischen und litauischen Stamm, mit denen sie auch
politisch oft nahe verbunden gewesen sind. Aus früherer Zeit
hat sich bei ihnen überwiegend die römisch-katholische Kirche er
halten.