62
folge der von Rußland aufgerichteten Zollschranken entwickelt
haben, sind als künstlich zu betrachten und haben unter veränder
ten Verhältnissen keine Lebensfähigkeit. —
Was die bisherigen wirtschaftlichen Beziehungen
Polens zu Deutschland anlangt, so ergibt sich ohne wei
teres, daß sie bisher nicht in dem Maße entwickelt sind, wie es den
Bedürfnissen beider Länder entsprechen würde. Leider ist eine
Waren-Ein- und Ausfuhrstatistil für Polen nicht vorhanden; man
ist daher aus die Verkehrsstatistik der Eisenbahn (Anlage 2) an
gewiesen, die jedoch die Werte der Waren nicht angibt. Immerhin
ist aus ihr ersichtlich, daß schon jetzt gewisse Stoffe aus Polen
nach Deutschland in großen Mengen exportiert werden, so vor
allem Erze und Holz, ferner Mehl und Mühlenfabrikate sowie
landwirtschaftliche Produkte wie Gerste, Hirse, Sämereien, Flachs,
Kleie und Ölkuchen. Sehr umfangreich ist ferner die Ausfuhr
Polens nach Deutschland in Geflügel aller Art und Schweinen.
Aus Deutschland nach Polen wurden hautpsächlich Halb-
und Fertigfabrikate ausgeführt, z. B. Eisen und Stahl, Eisen-
und Stahlwaren, Dampfkessel, Zink, Garne, Leder, Lumpen,
Düngemittel, in den letzten Jahren auch Roggen, Hafer, Öle.
Bedeutend war die Ausfuhr stets in Steinkohle und Koks. Es
ist also bemerkenswert, daß Polen schon jetzt trotz der hohen Zoll
schranken ein Importland wenigstens in gewissem Unifange für
Deutschlands Industrien gewesen ist, während es seinerseits an
Deutschland Rohprodukte aller Art abgegeben hat.
Ohne weiteres ist schon aus dem Vorstehenden ersichtlich,
daß Polen unter allen Umständen für Deutschland außerordent
lich begehrenswert ist; im folgenden seien aber noch einige be
sonders wichtige Momente, die unseres Erachtens unbedingt zu
einer wirtschaftlichen Angliederung Polens an Deutschland zwin
gen, kurz hervorgehoben:
So hoch entwickelt unsere Landwirtschaft auch ist, so ist sie
leider doch nicht in der Lage, den gesamten Bedarf des deutschen
Volkes an Brotgetreide und Futtermitteln zu decken. Wir b e -
dürfen deshalb unbedingt weiteren Bodens
zur landwirtschaftlichen Nutzung, um in Hin
sicht auf die Ernährung unseres Volkes gänz
lich vom Auslande unabhängig zu werden; dieses ist
schon aus dem Grunde erforderlich, damit in Zukunft auch in den
Augen unserer Feinde ein Plan zur Aushungerung des deutschen
Volkes nie wieder aufkommen kann. Diesen zur Zeit fehlenden
Mehrbedarf decken zu helfen, ist Polen mit seinem wertvollen
Ackerboden, der bei rationeller Anwendung neuzeitlicher Agrikul-