Full text: Die Konsumtion

106 I. Buch B III: K. Olden b erg, Die Konsumtion. § 2 
Güter möglicherweise wiederholt. Dienstleistungen wie die des Barbiers, des Schul 
lehrers wirken zwar längere Zeit nach, bis die Haare wieder gewachsen, die Schul 
lektionen vergessen sind; Schullektionen können auch künstlich, durch Repetieren, 
wiederholt konsumiert werden, mit Hilfe der Erinnerung oder der Nachschrift; aber 
die Konsumtion der Leistung selbst ist ein einmaliger Akt. Dagegen können manche 
gegenständliche Güter, kann ein Kleidungsstück, eine Wohnung, ein Klavier, ein 
Phonogramm, eben weil sie nicht vorübergehende Handlungen sind, wiederholt einer 
Bedarfsbefriedigung dienen, sei es dem sich wiederholenden Bedarf desselben Konsu 
menten oder sukzessiv dem Bedarf mehrerer Konsumenten, bis Abnutzung erfolgt 
ist. Man nennt diese Güter, die erst durch wiederholten Gebrauch verbraucht 
werden, „Gebrauchsgüter“ im Gegensatz zu jenen „Verbrauchs 
güter n“. In dem Maße wie die Abnutzung (d. h. Vernichtung des Gebrauchs 
werts, der bedarfsbefriedigenden Eigenschaften des Guts) erfolgt, heißt auch das 
Gebrauchsgut verbraucht oder konsumiert, auf deutsch eigentlich verzehrt, wobei 
dem Sprachgebrauche das Verzehren von Nahrung als repräsentatives Beispiel der 
Konsumtion vorschwebt. Eine elektrische Birne, die eine gewisse Nutzwirkung oder 
Bedarfsbefriedigung 999 mal wiederholen kann, wird durch jeden Nutzungsakt zu 
Viooo konsumiert, verliert x / 1000 ihres Gebrauchswerts sowohl wie ihres Tauschwerts, 
eventuell privatwirtschaftlich ihres Kaufpreises; und dies, obgleich der Konsument 
natürlich den Verbrauch des Konsumtionsobjekts durch vorsichtigen Gebrauch zu 
vermeiden, hinauszuschieben sucht. 
Eine falsche, quasi - Konsumtion findet in dem Maße statt, als der Gebrauchs 
wert eines Guts zerstört wird, ohne einen Bedarf zu befriedigen; sei es durch 
einen Unfall wie Feuersbrunst, oder durch mutwillige Zerstörung, z. B. im Kriege, 
oder durch den stillen Einfluß kontinuierlich zerstörender Kräfte, indem außer dem 
Zahn des Konsumenten auch der Zahn der Zeit an dem Gute nagt. Solche Wert 
verluste fallen natürlich am meisten ins Gewicht bei Gütern, die längere Zeit unge 
nutzt lagern, und ferner im feuchtwarmen Klima der Tropen. Durch Vorsichts 
maßnahmen und durch alsbaldigen Verbrauch der Güter wird dieses Verlustrisiko 
eingeschränkt, aber nicht beseitigt, höchstens privatwirtschaftlich durch Versiche 
rung ausgeglichen. Das Residuum unvermeidlicher Verluste verkürzt also in jedem 
Falle die durchschnittliche Gebrauchsdauer eines Guts, und es ist berechtigt, diese 
„im Dienst“ erfolgenden, unvermeidlichen Verluste in den eigentlichen Konsum 
tionsverlust hineinzurechnen; gibt es doch Güter (z. B. Oelgemälde), deren Ab 
nutzung überhaupt nicht durch ihre Nutzwirkung selbst, sondern nur durch das Risiko 
nutzlos zerstörender Wirkungen erfolgt. Obwohl die Abgrenzung mißlich und viel 
fach zweifelhaft ist, mag doch der außerordentliche Verlust vom normalen Ver 
brauch oder Konsum, der die im normalen Verlauf zu erwartende Zerstörung ein 
schließt, unterschieden werden. 
Nicht verbraucht und nicht zerstört, sondern entwertet wird ein Gut, 
wenn entweder der Bedarf sich verschoben oder nur die Schätzung der Eigenschaften 
des Guts auf seiten der Käufer sich geändert hat. Die wirksame Einführung der 
Abstinenz z. B. durch Volksabstimmung entwertet die Alkoholvorräte und Alkohol 
fabriken; es wird zwar nicht das Bedürfnis nach Alkohol, wohl aber die Möglichkeit 
seiner Befriedigung ausgeschaltet. Aehnlich werden durch eine Verschiebung des Ver 
kehrs Gebäude, durch einen Wechsel der Mode die von ihm betroffenen Artikel ent 
wertet; während die Erkenntnis der schädlichen Wirkung eines beliebt gewesenen 
Heilverfahrens, oder die Erfindung einer sparsameren Maschine, ohne Verschiebung 
des schließlichen Bedarfs nur das bisherige Befriedigungsmittel selbst entwertet. 
Bei einer partiellen Entwertung bewendet es, wenn das Verhältnis des Vorrats zum 
Bedarf sich vergrößert. In allen diesen Fällen liegt Entwertung, nicht Konsumtion 
vor, obgleich man einen Teil dieser Fälle mit einem wenig glücklichen Worte als 
Meinungskonsumtion hat charakterisieren wollen.
	        
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