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II, 1. Das arbeitslose Einkommen
erhebliche Teile der Bevölkerung verhängt ist. Uber dem Lohnarbeiter
schwebt beständig die Gefahr der Arbeitslosigkeit und damit der
Verarmung. Diese Gefahr aber ist von der heutigen Wirtschaftsord
nung untrennbar. Die Arbeitslosigkeit, das Vorhandensein einer
„industriellen Reservearmee", gehört zu den immanenten Erschei
nungen des Rapitalismus- solange die kapitalistische Produktions
weise herrscht, wird die Arbeitslosigkeit nicht aufhören.
Endlich glaubt der moderne wissenschaftliche Sozialismus der be
stehenden Wirtschaftsordnung aber auch noch drittens den Vor
wurf machen zu können, daß sie wirtschaftlich nicht das leiste,
was sie eigentlich leisten könnte. Der Rapitalismus legt angeb
lich der Entfaltung der Produktivkräfte Fesseln an. Der Pro
duktionsertrag ist nicht so groß wie er bei der vorhandenen Fähig
keit zu produzieren, an sich sein könnte. Der Rapitalismus leidet
also auch an wirtschaftlicher Rückständigkeit.
weder in moralischer, nach in sozialer, noch auch in wirtschaft
licher Hinsicht kann also die heutige Wirtschaftsordnung vor der
sozialistischen Rritik bestehen, und der Sozialismus kommt daher
folgerichtig zu dem Schluß: ecrasez l’infäme !
Cs liegt dabei in der Natur der Dinge, daß die sozialistische Be
wegung um so höhere Wellen werfen wird, je stärker die Erschei
nungen im Wirtschaftsleben hervortreten, die überhaupt den Wider
spruch des Sozialismus gegen die bestehende Wirtschaftsordnung her
vorgerufen haben. Eine Zeit, in der große vermögen mühelos er
worben werden und in der zugleich der Umfang der Arbeitslosigkeit
stark anschwillt, wird für den Sozialismus ganz besonders empfäng
lich sein. Das ist ja aber die Signatur unserer Zeit. Während des
Rriegs sind von Rriegslieferanten und den glücklichen Besitzern der
Warenvorräte, die durch das Abschneiden der Zufuhr aus dem Aus
lande und die Geldvermehrung im Inlands eine gewaltige Wert-
steigerung erfuhren, ungeheure Gewinne gemacht worden, und das
Rriegsende hat uns durch die überstürzte weise, wie wir infolge un
serer Niederlage die Demobilisierung durchführen mußten, ein noch