Der Imperialismus der übrigen Weltmächte.
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wirtschaftlichen Expansion. Das Streben des Panslawismus, die Mittel für
die Ausdehnung durch Anleihen in Frankreich zu beschaffen, be
gründete die politische Abhängigkeit der russischen Außenpolitik von der
französischen Revancheidee. Die Erlangung und Verzinsung dieser An
leihen mußte durch die künstliche, vielfach mit Unterernährung
großer Teile der einheimischen Bevölkerung erkaufte Steigerung der Ge
treideausfuhr und den Bau strategischer statt wirtschaftlicher
Bahnen erkauft werden.
Es kann nicht verkannt werden, daß gerade der wirtschaftliche Im
perialismus den letzten Anstoß zum Russisch-Japanischen Krieg gegeben
hat. Den Ausschlag für das schließlich offensive Vorgehen Japans hatte
der Ankauf von Wäldern auf der koreanischen Seite des Yaluflusses und
das Verlangen einer Konzession für den Bahnbau von Yalu bis Söul ge
bildet. Die Besorgnis, daß damit die wirtschaftliche Eroberung Koreas
durch die Russen eingeleitet werde, und die Weigerung Rußlands, an einer
Integritätsgarantie Chinas und Japans teilzunehmen, haben zum Kriege
geführt. Für den Weltkrieg sind der politische und der wirtschaftliche
Imperialismus Rußlands mit als Ursachen erkennbar; die Unterstützung
der großserbischen Bewegung war nur als Teil des Vormarsches Allrußlands
nach Konstantinopel gedacht.
ln seinen Mitteln hat sich der russische Imperialismus mit Vorliebe
der militärischen Gewalt bedient, die ihn bei den schwachen, nomadi
sierenden Völkerstämmen Asiens auch zum Erfolge führte. Die sibirische
Bahn, die 1891 begonnen und 1901 fast vollendet wurde, entwickelte sich
als Expansionsmittel ersten Ranges. Über die kolonisatorischen Erfolge
sind die Meinungen geteilt; es ist die rasche Assimilierung der asiatischen
Gebiete trotz der geringen Tätigkeit zur Hebung des wirtschaftlichen
Wohlstandes aus dem geringen Abstand zwischen der russischen und der
asiatischen Kultur zu erklären. Die diplomatischen Mittel der wirtschaft
lichen Durchdringung sind die gleichen wie die der westeuropäischen Mächte.
Allen Integritätserklärungen zum Trotz macht der politische Zerfall der
Türkei, Chinas und Persiens und anderer derart „garantierter“ Staaten
Asiens Fortschritte. Garantie und Integritätserklärungen sind nur
Waffenstillstände im unersättlichen Kampf nach weiteren wirt
schaftlichen und politischen Eroberungen.
Italien.
Der italienische Imperialismus ist ein politischer und wirt
schaftlicher; er setzt mit der Einigung Italiens sofort energisch ein. Der
wirtschaftliche Kampf ist im Zollkriege mit Frankreich von 1888—1898
besonders scharf geworden; außerdem hat sich die politische und wirt
schaftliche Ausdehnung in Abessinien und Tripolis betätigt. Nachdem
die Assabbai 1881 und Massaua 1885 besetzt waren, schien das Protek