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dem Unternehmen die nötige Stoßkraft nur durch eine Zusammen
fassung aller nationalen Kräfte gegeben werden könnte; sie brachten
die Hoffnung zum Ausdruck, daß die gleichen Anschauungen auch
für den „Verband öffentlicher Lebensversicherungsanstalten" maß
gebend sei und ihn dazu führen würden, mit den privaten Ge
sellschaften Hand in Hand zu arbeiten; es handele sich bei den Vor
schlägen des „Verbandes deutscher Lebensversicherungsgesellschaften"
nicht um dessen Privatinteressen, sondern um die Erreichung sozialer
Fortschritte und den Schutz nationaler Werte. Eine gleichlautende
Erklärung wurde auch dem Vorsitzenden des „Zentralausschusses"
übermittelt.
Am 24. Dez. 1912 nahm infolge dieser Anregung der Staatssekre
tär des Innern Veranlassung, zu einer vertraulichen Besprechung dar
über einzuladen, auf welchem Wege die privaten Gesellschaften und
die öffentlichen Anstalten zu dem auch von ihm angestrebten ge
meinsamen Vorgehen veranlaßt werden könnten. Diese Besprechung
wurde auf den 30 Dezember 1912 angesetzt; sie mußte aber auf
den 7. Januar 1913 verschoben werden, weil Geheimrat Kapp be
hindert war.
Die Besprechung im Neichsamt des Innern.
Die Verhandlungen fanden am 7. Januar 1913 im Reichsamt
des Innern unter dem Vorsitz des Staatssekretärs und in Gegenwart
mehrerer anderer Regierungsvertreter statt. Für den „Verband
öffentlicher Lebensversicherungsanstalten" war Geheimrat Kapp und
sein Stellvertreter, Regierungsrat Hensel, für die Volksversicherungs-
kvmmission der privaten deutschen Lebensversicherungsgesellschaften
Geheimrat tzackelöer erschienen. Als Vertreter des „Deutschen Ar
beiterkongresses" waren hinzugezogen der Reichstagsabgeordnete
Schiffer und der Verfasser. Hier erklärte Geheimrat Hackelöer ausdrück
lich und zu verschiedenen Malen, es könne kein Zweifel darüber be
stehen, daß die privaten Lebensversicherungsgesellschaften sich an jeder
Organisation beteiligen würden, die ein gemeinsames Vorgehen sichere.
Sie hielten sich für verpflichtet, eine Form für die Volksversicherung
3u schaffen, die der „Volksfürsorge" wirksam entgegentreten könne.. Ein
Zusammenwirken mit den öffentlichen Anstalten sei den privaten Ge-
>ellschaften außerordentlich erwünscht. Auch beabsichtigten sie durch
aus nicht, bei dem neuen Unternehmen einen dominierenden Einfluß
sm erlangen Sie wollten sich an der Verwaltung nur insofern
beteiligen, als sie glaubten, ihre Kenntnisse und Erfahrungen dem
Unternehmen nutzbar machen zu müssen. Diese Ausführungen deckten
Nch durchaus mit dem, was Geheimrat Hackelöer dem Verfasser am
V.age vorher in einem Schreiben mitgeteilt hatte. Auch darin geht
aus jeder Zeile das aufrichtige Streben hervor, eine Zerspliterung
ver nationalen Kräfte zu verhindern.
Demgegenüber machte Geheimrat Kapp eine Reihe von Be-
oenken geltend. Er hielt für ausreichend und zweckmäßig eine Kar-
rellrerung sämtlicher Volksversicherungsanstalten, einschließlich! der
öffentlichen Anstalten, sowie, wenn möglich, auch der „Victoria"
und der „Friedrich Wilhelm". Dieses Kartell sollte Vereinbarungen
Uber Prämienpolitik, Bedingungen, Anlagetätigkeit und ähnliches
treffen und so die Volksversicherung vereinheitlichen. Er hielt an