Full text: Wer soll die Kriegsrechnung bezahlen?

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am Stand der deutschen Valuta im neutralen Ausland den 
Patriotismus des deutschen Kapitals mit mathematischer Ge- 
nauigkeit feststellen. Bei Parität von 123,45 Franken für 100 
deutsche Reichsmark stand der höchste und niedrigste Kurs der 
deutschen Reichsmark im Laufe der Jahre 1914 bis 1920 fol 
gendermaßen: 
1914 
Höchster Niedrigster 
Stand 
. . 123,4 ... 89 
1915 
. . 94 . 
. . 81 
1916 
. . 81 . 
. . 68 
1917 
. . 70 . 
. . 54 
1918 
. . 71 . 
. . 48 
1919 
. . 48 . 
. . 8 
Im Laufe des Jahres 1920 ist der Wert der deutschen Mark 
schließlich ans 6 Centimes gesunken. 
Der Sturz der Valuta macht den Regierungskreisen das 
größte Kopfzerbrechen, und mit Recht. Denn praktisch bedeutet 
es ja nichts anderes, als die finanzielle Unmöglichkeit, aus dem 
Auslande etwas zu bekommen. Jede Ausfuhr von Waren aus 
dem Auslande, ohne die die deutsche Volkswirtschaft gar nicht 
auskommen kann, ist dadurch unterbunden, daß die Preise der 
ausländischen Waren unerschwinglich geworden sind. Aber eben 
dadurch können die deutschen inländischen Produkte glän 
zende Preise auf dem Weltmärkte erzielen, und dies wird' von 
den deutschen Industriellen und Kapitalisten ausgiebig benutzt. 
Man hat ein geflügeltes Wort dafür geprägt: Ausverkauf 
Deutschlands. Richtiger wäre es, von einer „Verram 
schung" der produktiven Kräfte der deutschen Volkswirtschaft 
zu sprechen. Tatsächlich ist diese Verramschung nichts anderes 
als ein Mittel der besitzenden Klassen Deutschlands, durch 
Kapitalflucht sich den Verpflicht u n g e n der Be 
zahlung der Kriegsrechnung zu entledigen. Denn 
der Gegenwert der nach dem Ausland verkauften Waren bleibt 
■ bort deponiert! Also auch die Kapitalisten, die im Jnlande 
geblieben sind, haben durch Verschiebung ihres Vermögens nach 
dem Auslande sich die Möglichkeit geschaffen, die Lasten des 
Krieges auf die besitzlosen Klassen abzuwälzen,- durch diese 
Kapitalverschiebung Habens sie aber nicht nur ihr Vermögen 
gerettet, sondern die Lasten, die zu tragen übriggeblieben finb.
	        
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