Einführung.
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nichts besitzen, steht eine ansehnliche Schichte, deren
Besitz schon erheblich über den Durchschnitt der
Masse hinausgeht. Über diesen beiden Schichten
erhebt sich eine dünne Schicht von Wirtschaften,
die über einen sehr großen Besitz, den wir Reich
tum nennen können, verfügt. Da der Besitz einer
Wirtschaft bei dem Charakter unserer Wirtschafts
weise in Geld gewertet wird, und wir den Besitz
an Gütern und die Ansprüche auf Leistungen, die
wir nicht unmittelbar zur persönlichen Lebens
führung brauchen, Kapital nennen, so gibt die
einzelne Wirtschaft dem Kreise der anderen ent
weder Arbeitskraft oder Kapital oder aber auch
beides zusammen, und zwar entweder rein oder
gebunden in Form von Gütern bzw. Leistungen
hin. Die Privatwirtschaft, deren Angehörige nichts
anderes als die Arbeitskraft hinzugeben haben,steht
wirtschaftlich ungünstiger da, als die Wirtschaft,
die neben der Arbeitskraft auch noch über Kapital
verfügt. Am günstigsten sind die Wirtschaften ge
stellt, deren Besitz so groß ist, daß das Ausleihen
dieses Besitzes allein ihnen ein großes Einkommen
schafft. Die Verwertung der Arbeitskraft schafft
Einkommen, die Verleihung von Kapital schafft
ebenfalls Einkommen. Wir geben zur Erläuterung
ein paar Beispiele, wie sie jeder selbst beobachten
kann. Eine Fabrikarbeiterfamilie verschafft sich ihr
Einkommen in der Weise, daß Mann und Frau
ihre Arbeitskraft einem Arbeitgeber unter gewissen
Bedingungen verleihen. Dafür erhalten sie den
Arbeitslohn, aus dem sich im typischen Falle das
Einkommen dieser Wirtschaft zusammensetzt. Eine
Bauernfamilie besitzt Grund und Boden, Gebäude,
Vieh, Werkzeuge usw., also Güter, die wir als
Kapital ansprechen. Aber die Verleihung dieser
Güter erfolgt nicht, schon weil in der Regel die
Summe, die die Wirtschaft aus der Verleihung er
halten würde, zum Auskommen der Familie nicht
hinreichen würde. Vielmehr verwendet die Familie
ihre Arbeitskraft, um mit ihrem Güterbesitz neue
Güter hervorzubringen, die sie den anderen Wirt
schaften anzubieten vermag. Aus dem Verkauf
dieser Güter ergibt sich dann das Einkommen dieser
Vauernfamilie. Endlich noch ein anderes Beispiel.
Eine Rentierfamilie besitzt ein Kapital von einer
Million Mark, die einem Bankhause verliehen ist.
Aus diesem ihrem Besitz zieht die Wirtschaft ein
Ernkommen von 40000 Mark jährlich, so daß die
Familie nicht genötigt ist, die Arbeitskraft ihrer
Angehörigen oder auch nur des Wirtschafters
irgendwie im wirtschaftlichen Prozesse zu ver
werten.
Die Besitzvcrteilung. Die Tatsache, daß die
Privatwirtschaften sich nach den Besitzverhältnissen
sehr scharf voneinander scheiden, haben wir kennen
gelernt. Wichtig rst aber auch, die Ursachen dieser
heute bestehenden Verschiedenheit kennen zu lernen.
Hier ist zunächst festzustellen, daß dieser Unterschied
nicht etwa eine Erscheinung der neueren wirtschaft
lichen Entwicklung ist, sondern mit dem Aufkommen
des Privateigentums alsbald und zwar früher oft
noch schärfer als heute in die Erscheinung tritt.
Vor der Entfaltung der Geldwirtschaft ist es haupt
sächlich der Grund und Boden, dessen Besitz in das
Eigentum einer relativ kleinen Zahl von Personen
übergeht. Mit der Entwicklung der Geldwirtschaft
sind es auch andere Güter, deren Besitz zu An
sprüchen auf Güter und Leistungen von anderen
Wirtschaften führen. Dieser Besitz repräsentiert
sich in zunehmendem Maße in Geldform. Es tritt
das Geldkapital auf, das auch die alte Form des
Grundbesitzeigentums sich assimiliert. Der Ur
sprung der Verschiedenheit des Privateigentums ist
nun aber heutzutage nicht etwa in der Hauptsache
auf die Verschiedenheiten in der natürlichen Tüch
tigkeit der einzelnen Menschen zurückzuführen, son
dern in weit höherem Grade auf die Macht der
wirtschaftlich Stärkeren den Schwächeren gegen
über. Das gilt vor allem auch für die Zeit vor
der Entwicklung des Großkapitals. Wohl ist es
richtig, daß der Reichtum einzelner Wirtschaften
auf der persönlichen Tüchtigkeit einzelner Per
sonen beruhen kann, aber die persönliche Tüchtig
keit allein würde die großen und bleibenden Unter
schiede der Besitzverteilung nicht geschaffen haben.
Und selbst der Reichtum der Wirtschaften, die einer
oder mehreren Personen ihre Besitztümer zu dan
ken vermeinen, ist nur möglich im Rahmen einer
Wirtschaftsweise, die dem Besitz die Kraft ver
leiht, Ansprüche auf Güter und Leistungen an
derer Wirtschaften zu erheben. Wenn wir weiter
sehen, daß der Reichtum einer Wirtschaft auch
noch fortdauert, nachdem die tüchtige Person, der
der Reichtum zu verdanken war, gestorben ist, daß
dieser Reichtum sich vererbt, sich noch aus Un
tüchtige vererbt, wie es nach der geltenden Rechts
ordnung der Fall ist, so wird man die Erklärung
der starken Unterschiede der Besitzverteilung nicht
in persönlichen Eigenschaften der einzelnen Wirt
schafter, sondern in der Hauptsache darin zu suchen
haben, daß das Recht der Stärkeren von Anfang
an die stärksten Unterschiede fundamentiert hat, und
daß die Geldwirtschaft nur eine schmiegsamere Form
bildete, die überkommenen Unterschiede festzuhal
ten und neue Möglichkeiten für eine weitere Dif
ferenzierung der Besitzverhältnisse in der Rich
tung einer noch schärferen Scheidung zu schaffen.
Arbeitsteilung. Es ist nicht richtig, anzuneh
men, daß die Menschen irgendwo und irgend
wann unter gleichen Voraussetzungen den Kamps
ums Dasein führten, sondern je weiter wir zurück
gehen, desto schärfer tritt allein schon die phy
sische Überlegenheit hervor. Und die Arbeitsteilung
ist nichts anderes als ein Produkt der Scheidung
zwischen den stärkeren und den schwächeren In
dividuen bezw. zwischen stärkeren und schwächeren
Verbänden. Auf die Frauen, Kinder und Greise
schieben die stärkeren Männer die Arbeit ab, auf
die unterjochten Stämme, auf die Sklaven, auf die
Bauern, die während des Feldzuges zu Hause blei
ben. So entsteht der Zwang zur Arbeit und die
Arbeitsteilung, wobei der Stärkere oder die Stär
keren die Leitung der Arbeit, die Aufsicht, die
Aufrechterhaltung einer bestimmten Ordnung über-