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Zahl der Berufslosen im Zeitraum von 1871—1907 von 13 008
auf 45 255, also eine Mehrung um das 3V 2 fache. Diese
soziale Erscheinung beruht nach ihm vor allem darauf, daß
„gerade in den größten Städten sich diejenigen Volks
angehörigen sammeln, welche infolge des erhöhten .Wohl
standes von der beruflichen Tätigkeit zurücktreten und von
Renten und Pensionen leben.“ Auch hat die Zahl der in
Anstalten zwecks Ausbildung und Studien, also außerhalb des
Familienhaushaltes lebenden Personen in München stark zu
genommen (8839 männliche und 2359 weibliche) da es nicht
nur Universität, sondern technische, tierärztliche, Handels- und
Musikhochschule, sowie Akademie der bildenden Künste be
sitzt. Namentlich sind es die norddeutschen und Rheinpfälzer
Studenten, die München auf 1 oder 2 Semester zu ihrem
Wohnsitz machen. Schließlich darf das große Beamtenheer
(nahezu 1 / 2 Hunderttausend) nicht übersehen werden, welches
gerade dadurch bedingt ist, daß in München sich die höchsten
Staatsbehörden und die Residenz selbst befinden; denn durch
die Zunahme der öffentlichen wie der privaten Beamten und
Angestellten ist eine starke Mehrung der Pensionäre, sowie
durch die Unfall- und Invalidenversicherung eine bedeutende
Zunahme invalider Rentner eingetreten, deren Zahl sich auf
23 774 ohne Familienangehörige beläuft.
Mehr noch als die Zugehörigkeit zu den großen Be
völkerungsgruppen bedingt die Zugehörigkeit zu einem be
stimmten Berufe die soziale Oesamtstellung eines Menschen.
Auch die Berufszugehörigkeit hat in erster Linie volkswirt
schaftliche Bedeutung, sie ist aber als eine Eigenschaft des
Wirtschaftssubjektes aufs engste mit diesem verbunden und
daher sozialwissenschaftlich, d. h. für die Betrachtung der
Unterschiede der menschlichen Lebenshaltung und gesell
schaftlichen Schichtung von nicht zu unterschätzendem Werte.
Denn durch die Berufszugehörigkeit ist in den meisten Fällen
von vornherein in großen Umrissen die Entscheidung ge
troffen über die Ausgestaltung der Lebenstätigkeit, ferner
über die Aussichten für Vermögenserwerb sowie das Auf
steigen zu einer höheren sozialen Klasse, über die Gefahren
und Krankheiten in körperlicher, geistiger und sittlicher Hin