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diesem Falle ungenügend war und durchaus versagt hat. Beim
Vorhandensein derartig primitiver Kontrollen muß man sich nur
wundern, daß nicht mehr unterschlagen wird.
Die Unterschlagungen bilden aber nur den plumpen Teil
der Veruntreuungen, die begangen werden. Schwieriger und
komplizierter sind z. B. die Bilanzverschleierungen und sonstige
buchmäßigen Fälschungen; h leider gelangen diese Verfehlungen
zahlenmäßig dargestellt, obwohl sie häufiger sind und weit größere
Beträge als die Unterschlagungen ausmachen, weniger zur Kenntnis
der Öffentlichkeit; sie verschwinden in der Versenkung des Direk
tionstisches unserer Banken, in den Gcrichtsakten usw.
In all den großen Zusammenbrüchen, ich erinnere nur an
die Leipziger Bank, Trebertrocknung-Gesellschast in Cassel, Rheinau
Konzern, Mannheim, Niederdeutsche Bank in Dortmund, haben
Verstöße gegen die buchmäßige Darstellung von Vermögensbestand
teilen dem Strafrichter reichlich Gelegenheit zum Einschreiten
gegeben.
Allerdings können Zusammenbrüche selbst durch die beste
Kontrolle nicht verhindert werden, insofern als hierbei Faktoren
eine Rolle spielen, die die Kontrolle nicht überwinden kann, z. B.
Krisen, Konjunkturumschläge, höhere Gewalt u. a. m. Aber die
Kontrolle kann in vielen Fällen vorbeugen, kann warnen, kann
Mißslände der Organisation aufdecken und Fehlerquellen nach
weisen, sie kann vor allem die verbrecherischen Manipulationen
verhindern, die ausgeführt werden, um den bevorstehenden und in
den meisten Fällen unvermeidlichen Untergang des Unternehmens
hinauszuschieben. Tritt der Fall einer Unternehmung ein, so
zeitigt er Verluste für die verschiedenen beteiligten Privatwirt
schaften als auch für die gesamte Volkswirtschaft.
Die wirtschaftliche Krises um die Wende des 19. Jahrhunderts,
1 ) Beigel, Theorie und Praxis der Buchführung?- und Bilanzrevision, Dresden
1908, S. 38 registriert in 14 Punkten die hauptsächlichsten Delikte dieser Art.
Ich vermeide, sie hier aufzuführen, da sie buchtechnische Kenntnisse voraussetzen.
2 ) A. Schulze, Die Bankkatastrophen in Sachsen im Jahre 1901, Ergänzungs
heft 9 der Zeitschrift für die gesamte Staatswissenschaft, Tübingen 1903, schreibt
in der Einleitung S. 3: „Das Bekanntwerden des verwerflichen Geschäftsgebarens
der Spielhagen-Banken in Berlin, der Pommerschen Hypotheken-Aktien-Bank, der
Mecklenburg-Strelitzschen Hypotheken-Bank, der Mißerfolg der Aktiengesellschaft für
Eisen- und Kohle-Industrie in Differdingen-Dannenbaum, der Fabrik feuerfester und
säurefester Produkte, Aktiengesellschaft Nauheim, der Bank für Bergbau und Industrie
in Berlin, der Allgemeinen deutschen Kleinbahn-Gesellschaft, Aktiengesellschaft Berlin,
der Leipziger Wollkämmerei, der Aktiengesellschaft Elektrizitätswerke <vormals O. L.
Kummer & Co.) in Dresden, der Kreditanstalt für Handel und Industrie in Dresden
u. a., besonders aber der Zusammenbruch der Leipziger Bank und der Aktien
gesellschaft für Trebertrocknung in Cassel, dem unmittelbar die Aufdeckung der
unerhörten Fälschungen der Gerhard Terlinden-Aktiengesellschaft zu Oberhausen