Object: Die Entwicklung der deutschen Stahlindustrie mit besonderer Berücksichtigung der Martinstahlerzeugung und der Bedeutung des Schrottes für dieselbe

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auch an anderen Stellen erlangte das neue Verfahren 
größere Ausdehnung, sodaß im Jahre 1867 schon 22 Kon 
verter mit einer jährlichen Erzeugungsmöglichkeit von 
73000 t im Betrieb waren. 
Nach den ersten Erfolgen Bessemers war man allge 
mein der Ansicht, daß sein Verfahren für den Puddel- 
prozeß den baldigen Untergang bedeute, zumal im Jahre 
1870 Bessemers Patent erlosch, und die Flußeisenerzeugung 
dadurch einen weiteren großen Aufschwung nahm. Doch 
auch hier wurde dafür gesorgt, daß die Bäume nicht in 
den Himmel wachsen. Vor allem stellte sich die Ansicht 
Bessemers, aus jedem Roheisen sei guter Stahl zu er 
zeugen, als Irrtum heraus, denn es war unmöglich den 
Phosphor in der Bessemerbirne aus dem Roheisen zu ent 
fernen, und somit kam die Erfindung nur den Ländern zu 
gute, die phosphorarme Eizenerze sogenannte Bessemererze, 
besitzen. Deutschland besitzt keine Bessemererze, wäh 
rend England an der Westküste große Lager von geeigne 
ten Erzen aufweist, sodaß die Möglichkeit vorhanden war, 
die Eisenerzeugung in England in ungeahntem Maße aus 
zudehnen und eine Zeitlang einen gewaltigen Vorsprung 
vor den anderen Ländern zu erlangen. In Amerika lagen 
die Verhältnisse für die Ausführung des Bessemerprozesses 
noch günstiger als in England. Infolgedessen die Ausbrei 
tung dieses Verfahrens, wenn auch später als in England, 
einen immer größeren Umfang annahm, was schließlich 
dahin führte, daß Amerika im Jahre 1886 England in der ’’ 
Erzeugung von Flußstahl überholte und den ersten Platz 
in der Reihe der Eisen und Stahl erzeugenden Länder ein- 
nahm, den es aller Voraussicht nach auch auf die Dauer 
behalten wird. Deutschland mußte die Bessemererze ent 
weder einführen oder es mußte von England Bessemerroh 
eisen beziehen, wodurch die englische Roheiseneinfuhr 
stark in die Höhe ging.
	        
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