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Material zur Beurteilung der Vorgänge in Pommern.
Wörtlicher Auszug aus dem
Protokoll des Deutschen Landbundes
über ib'tc Besprechung am 16. Mai 1919, in welcher Kollege Gg. Schmidt
von dem Direktor des Pom. Landbundes, v. Dewitz, wegen seiner
Stellung zum Landarbeiterstreik befragt wurde:
Herr v. Dewitz (Pommerscher Landbund) wendet sich dann in längeren Aus
führungen zur Arbeiterfrage und zum Zusammenhang der Landarbeiterlöhne mit
den Preisen für die landwirtschaftlichen Erzeugnisse, befürwortet einen Ausgleich
zwischen den Forderungen der ländlichen Arbeiter und Arbeitgeber in Lohnkom
missionen und stellt dann an Herrn Schmidt die Frage, ob die Landarbeiter im
Interesse der Volksernährung nicht grundsätzlich auf den Streik verzichten könnten.
Ein Streik der Landarbeiter sei für diese ebenso katastrophal wie der Streik der
Landwirte.
Herr Schmidt (Landarbeiter-Verband) erklärt demgegenüber schlechte Er
fahrungen bei der Zusammenarbeit mit landwirtschaftlichen Organisationen ge
macht zu haben. Er wirkt stets darauf hin, daß nicht nur die Interessen der
Konsumenten, sondern auch der Produzenten berücksichtigt würden. Anderseits
müßten bei der Regelung der Lohnfragen sich die Landwirte auch in ihrem Be
trieb hineinreden lassen. Grundsätzlicher Verzicht auf das Streikrecht seitens der
Landarbeiter sei von seiner Organisation nicht möglich. Er stimm! dem aber
bei, daß Streiks möglichst zu vermeiden seien, jedenfalls jedem Streik Verhand
lungen im Schlichtungsausschuß vorangehen müssen. Wenn die unteren Organe
des Landarbeiter-Verbandes versagten, so liegt dies eben an der mangelnden
Schulung und Aufklärung, weil seine Organisation früher von den Landwirten
bekämpft worden sei. Wären die Landarbeiter früher organisiert worden, so
würden sie jetzt für die Abmachungen diziplinierter dastehen.
Herr von Dewitz (Pommerscher Landbünd) hebt die einigenden Punkte
mit den Landarbeitergewerkschaften hervor. Einmal habe Herr Schmidt das
gemeinsame Zntercsie der Produzenten und Konsumenten anerkannt, zum andern
habe er der Auftlärung der Arbeiterschaft in volkswirtschaftlicher Beziehung das
Wort geredet, und zum dritten habe er hinsichtlich der Preise erklärt, es sei be
achtenswert, daß Angebot und Nachfrage sich wieder regulieren. Er akzeptiere
diese Zugeständnisse und bitte nochmals, darauf hinzuwirken, daß die unteren
Organisationen des Landarbeiter-Verbandes in der Provinz auch nach den
Direktiven der Leitung arbeiten.
Abschrift rinc§ Schreibens des Pommerschen Landbundes
an den Ministerpräsidenten Scheidemann vom 21. Mai 1919:
Pommerscher Landbünd. Stettin, den 21. Mäi 1919.
Tgb.-Nr. 898/19- Einschreiben!
Ew. Exzellenz!
Namens des Pommerschen Landbundes erlaube ich mir, Eio. Exzellenz nach
folgendes zu unterbreiten:
Der Wille der pommerschen Landwirtschaft, in dieser schweren Zeit durch Auf
rechterhaltung der Arbeit die Lieferung von Nahrungsmitteln und di« Feldbe-