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Das Organisationsverhältnis vor und nach dem Kriege.
Das Gefühl der Zusammengehörigkeit, wie es feit Jahrzehnten unter der
Arbeiterschaft in den verschiedenen Berufen zu verzeichnen ist, fehlte bis zum
Kriege den Waldarbeitern fast vollständig. Es lag dieses daran, weil die Wald
arbeiter nicht in großen Massen zusammenarbeiten. Auch die Tatsache, daß
ein wesentlicher Teil der Beschäftigten meistens nur im Winter zur Forstarbeit
kommt, hat viel dazu beigetragen.
Die Landwirtschaft stellt im Winter die meisten Arbeitskräfte in der Forst.
In Bayern waren von 74656 Personen 37 857 Personen oder 51 Prozent
landwirtschaftliche Kleiugütler, die im Sommer ihre eigene Wirtschaft besorgen.
In Baden waren in den Domänenwaldungen im Jahre 1910 11610 Personen
beschäftigt, unter denen sich 7465 Landwirte und 2029 Tagelöhner befanden.
Diese Gruppen waren schwer für die Organisation zu gewinnen. Eine große
Zahl der Arbeiter stellen im Winter die Bauberufe (Maurer und Zimmerleute).
Diese letzteren betrachten die Winterarbeit als Notstandsarbeit und, obwohl sie
ihrein Verbände angehören, kümmern sie sich bei der Forstarbeit sehr wenig um
denselben. Die ständigen Arbeiter fühlten sich zum Teil als Staatsbeamte und
getrauten sich aus Angst vor dein Oberförster nicht in den Verband einzutreten.
Für die Herren Waldbesitzer und Oberförster waren dies goldene Zeiten.
Durch die Bevorzugung einzeliter Arbeiter und Rotten bei der Bergebnng der
Akkordarbeiten wurde die Uneinigkeit unter den Arbeitern gefördert. Der Neid
der Arbeiter untereinander spielte eine große Rolle. Jeder versuchte, sich bei
dem'Oberförster in ein gutes Licht zu stellen, indem der Nebenkollege ange
schwärzt wurde. Wehe dem Arbeiter, der einmal eine Arbeiterzeitung mit zur
Arbeit nahm oder sich erlaubte, eine Versammlung zu besuchen. Der gestrenge
Herr Oberförster hätte sofort eine Strafe oder die Entlassung verfügt. Die
Bestimmungen der Arbeitsordnungen für Waldarbeiter gaben den Herren ja
das Recht dazu. Wir wollen den betreffenden Paragraphen aus der Arbeits
ordnung der Sächsischen Staatsforstreviere aus dem Jahre 1907 hier anführen:
„ß 2. Allgemeine Pflichten.
Der Waldarbeiter hat jederzeit die Treue gegen König und Vaterland, ,
den Gehorsam gegen Gesetz und Obrigkeit zu wahren. Von der Teilnahme
an ordnungsfeindlichen Bestrebungen und Vereinen hat er sich fernzuhalten, i
Er muß sowohl in seiner Berufsarbeit wie in seinem bürgerlichen Leben j
stets einen ordentlichen, sittlichen und , nüchternen Lebenswandel führen, sich i
ehrlich, fleißig und treu erweisen, ein den Nutzen des Staates förderndes
lind gegen seine Kameraden verträgliches Verhalten zeigen und bei allen ihm !
übertragenen Arbeiten pünktlich und genall die erhalteneil Vorschriften befolgen." -
Ferner heißt es im 8 23 derselben Arbeitsordnung:
„Ohne Einhaltung der Kündigungsfrist kann ein Waldarbeiter entlassen j
werden, wenn er Mitarbeiter zum Ungehorsam oder zu strasbaren Hand- <
lungen der in Ziffer 1 uild 4 gedachten Art verleitet oder zu verleiten ve» f
sucht hat."
Preußen durste ja bei der Rechtlosmachung der Arbeiter nicht fehlen. In
der Hanordnung fiir den Regierungsbezirk Erfurt heißt es im § 4: