Geschichte der Menschheit ohne weiteres auch eine
Erklärung derselben ergeben würde. Aber ebenso
wie die Naturwissenschaft uns nicht einfach ein Bild
der uns umgebenden Natur geben kann und wie sie
auch nicht direkt auf die Konstruktion eines solchen
Bildes lossteuern kann, so kann man auch in der
Sozialwissenschaft gar nicht daran denken, dieses
Ziel unmittelbar erreichen oder auch nur anstreben
zu wollen. Auf dem Gebiete der Naturwissenschaften
stellten sich erst Erfolge ein, nachdem man gelernt
hatte, die Mannigfaltigkeit der Erscheinungen zu zer
legen, nachdem sich also die Naturwissenschaft spe
zialisiert hatte. So steht es auch mit der Sozialwissen
schaft.
Die erste Entdeckung, die man macht, wenn man
sich ihr nähern will, ist die, daß auch ihr Gebiet in
viele Teilgebiete zerfällt, die sich in Methode und In
halt wesentlich voneinander unterscheiden. Es gibt
im Grunde keine Sozialwissenschaft, es gibt nur ein
zelne Sozialwissenschaften. Und diese Sozialwissen
schaften bilden keineswegs ein einheitliches Gebäude
oder ein organisches Ganzes. Sie sind entstanden je
nachdem sich ein Bedürfnis nach ihnen ergab, und
sie sind einander keineswegs koordiniert. Die ge
samte Wissenschaft ist ja überhaupt kein solches or
ganisches Ganzes. Die einzelnen Disziplinen erwach
sen oft aus zufälligen Fragestellungen, bilden sich
durch den Einfluß der Schüler etwa eines bedeutenden
Mannes und werden bald durch die Einheit der Me
thoden, bald durch die Einheit ihres Inhaltes zu
sammengehalten. So auch die einzelnen Sozialwissen-