132 Dritter Abschnitt. Einfluß des Konjunkturwandels und der Krisen.
beiden Märkten können sich dann ganz verschiedene Lagen ergeben
und man spricht häufig von einem gespannten und einem flüssigen
Zustande auf dem Geldmarkt. Das erstere ist dann der Fall, wenn
die Nachfrage das Angebot stark übersteigt, wenn der Zinsfuß also
hoch und das Geld teuer ist, das letztere in dem umgekehrten Falle.
Je nachdem das eine oder das andere der Fall ist, ergeben sich
damit ganz verschiedene Verhältnisse für die Lage der Noten- und
Kreditbanken, deren Betrachtung wir uns nun zuwenden wollen.
Wir betrachten zuerst die Lage und die Entwicklung bei den Noten
banken. Dabei erscheint es zweckmäßig, wenige allgemeine Be
merkungen über den Aufgabenkreis und die Rolle der Notenbanken
im Wirtschaftsleben vorauszuschicken. Es bedarf keiner besonderen
Begründung, wenn dabei in erster Linie auf die Verhältnisse der
deutschen Reichsbank Bezug genommen wird.
Für die Verhältnisse vor dem Kriege war für die deutsche
Reichsbank in erster Linie der § 12 des Reichsbankgesetzes vom
Jahre 1875 maßgebend, der ihr die Aufgabe zuwies, den Geldumlauf
im gesamten Reichsgebiet zu regeln, die Zahlungsausgleichungen zu
erleichtern und für die Nutzbarmachung verfügbaren Kapitals zu
sorgen. Für den Zweck unserer Betrachtung ist die erste Aufgabe
die wichtigste. Es ist die Aufgabe der Reichsbank, den Geldumlauf
im gesamten Reichsgebiete zu regeln. Dazu gehört mit in erster
Linie, daß sie in Zeiten mangelnder Mittel auf dem Geldmarkt helfend
eintritt. Wenn mit aufsteigender Konjunktur von einem gewissen
Punkte ab das Geldbedürfnis von Handel und Industrie, das sich ja
in erster Linie in einer Zunahme des Wechselumlaufes zeigt, aus
den Mitteln der Kreditbanken und der Privaten nicht mehr befriedigt
werden kann, dann muß die Reichsbank in vermehrtem Maße als
Geldgeberin auf den Markt kommen, d. h., die zu diskontierenden
Wechsel werden bei ihr in steigendem Maße eingereicht. Diese
Wechsel in diesem vermehrten Umfange können ihr entweder unmittel
bar zufließen, es kann aber auch, was in solchen Zeiten angespannter
Verhältnisse auf dem Geldmärkte häufig der Fall ist, dies in der
Weise geschehen, daß Kreditbanken oder daß Private die in ihrem
Besitz befindlichen AVechsel bei der Reichsbank rediskontieren, um
sich so in den Besitz flüssiger Mittel zu setzen. Damit entsteht im
Verlaufe einer Haussebewegung eine zunehmende Inanspruchnahme
der Reichshank.
Eine solche Vermehrung der Inanspruchnahme der Notenbank
braucht nicht nur allein ihre Ursache in einer Zunahme der ein
gereichten Wechselbeträge zu haben, auch die vermehrte Zunahme
des Lombardkredits, der Beleihung auf Grund von hinterlegten Waren