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Kapitel I.
Ursache und Ziel in den Gesellschaftswissenschaften.
(Kausalität und Teleologie).
§ 7. Die Regelmäßigkeit der Erscheinungen überhaupt und der gesell
schaftlichen Erscheinungen insbesondere. § 8. Der Charakter der Gesetz
mäßigkeit. Die Fragestellung. § 9. Teleologie überhaupt und ihre Kri
tik. Immanente Teleologie. § 10. Die Teleologie in den Gesellschafts
wissenschaften. § 11. Kausalität und Teleologie. Die wissenschaftliche
Erklärung als Kausalerklärung.
§ 7. Die Regelmäßigkeit der Erscheinungen überhaupt
und der gesellschaftlichen Erscheinungen insbesondere. Be
trachten wir näher die uns umgebenden Erscheinungen der Na
tur und des gesellschaftlichen Lebens, so sehen wir, daß diese
Erscheinungen keineswegs einen Brei darstellen, in dem man
sich weder auskennen, noch etwas begreifen oder voraussehen
kann. Im Gegenteil, bei genauer Betrachtung nehmen wir über
all eine gewisse Regelmäßigkeit in den Erscheinungen wahr. Die
Nacht wird vom Tage abgelöst, und auf den Tag folgt ebenso
regelmäßig die Nacht. Die Jahreszeiten lösen sich regelmäßig
ab, und zugleich mit ihnen wiederholt sich jahrein jahraus eine
ganze Reihe anderer Begleiterscheinungen: die Bäume blühen
und entblättern sich, verschiedene Vogelarten kommen geflogen
und fliegen fort, die Menschen ernten oder säen usw. Oder ein
anderes, fast spaßhaftes Beispiel. Jedesmal, wenn warmer Regen
niederfällt, wachsen besonders stark die Pilze, so daß man so
gar sagt: „Sie schießen wie Pilze aus dem Boden“. Wir alle
wissen, daß ein Kornsamen, der in den Erdboden gefallen ist,
keimt, und daß aus dem Keim schließlich unter bestimmten Ver
hältnissen sich eine Ähre entwickelt. Dagegen haben wir nie
mals beobachten können, daß diese Ähre sich z. B. aus Frosch
laich oder aus Kalkteilchen entwickelte. So ist alles in der
Natur, angefangen mit der Bewegung der gewaltigen Planeten