Kapitel III.
Der dialektische Materialismus.
§ 19. Materialismus und Idealismus in der Geschichte. Das Problem des
Objektiven. § 20. Die materialistische Fragestellung in den Gesellschafts
wissenschaften. § 21. Der dynamische Standpunkt und der Zusammen
hang der Erscheinungen. § 22. Historismus in den Gesellschaftswissen
schaften. § 23. Der Standpunkt der Widersprüche und der Widerspruch
der historischen Entwicklung. § 24. Theorie der sprunghaften Veränderun
gen und Theorie der revolutionären Veränderungen in den Gesellschafts
wissenschaften.
§ 19. Materialismus und Idealismus in der Geschichte.
Das Problem des Objektiven. Als wir die Frage nach dem
menschlichen Willen untersuchten, die Frage, ob der Wille
frei sei oder aber, wie alles in der Welt, durch irgendwelche
Ursachen bestimmt werde, da kamen wir zum Schluß, daß wir
den Standpunkt des Determinismus einnehmen müssen. Wir
sahen, daß der menschliche Wille nicht' etwas Göttliches ist,
sondern daß er von äußeren Ursachen und vom Zustand des
menschlichen Organismus abhängt. Wir streiften damit die
wichtigste Frage, die Jahrtausende hindurch die Menschen
köpfe quälte, die Frage nach dem Verhältnis zwischen Stoff
und Geist. Im Alltag spricht man gewöhnlich von „Seele“ und
„Körper“. Wir unterscheiden überhaupt zweierlei Erscheinun
gen. Die einen haben eine Ausdehnung, nehmen einen Platz
im Raume ein und werden von unseren Sinnen wahrgenommen
— man kann sie sehen, hören, fühlen, schmecken usw. Diese
nennen wir materielle (stoffliche) Erscheinungen. Die anderen
nehmen keinen Platz im Raume ein, man kann sie weder tasten,
noch sehen. Derartig ist z. B. der menschliche Gedanke, oder
der Wille, oder die Empfindung. Daß diese existieren, weiß
jedermann wohl aus sich selbst heraus. Ein Philosoph,
Descartes, meinte, allein dieser Umstand sei ein Beweis dafür,
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