§ 5. Geographische Grundlagen des Landverkehrs. 25
sind ungefähr 20 Proz. der Streckenlängen gekrümmt. Von der Strecke
Mannheim—Heidelberg—Basel dagegen verlaufen nur 15,5 Proz. der
Gesamtlänge in solchen Krümmungen! In der Tat bedeuten tief in
bergiges Umland einschneidende Täler in dieser Beziehung einen ganz
außerordentlichen Vorteil für den Verkehr auch in dieser Hinsicht,
da. ja häufige Krümmungen auch in einer Ebene mit gar keiner oder
mit sehr geringer Neigung des Geländes eine Verzögerung des Ver
kehrs gegenüber der geraden Linie bedeuten. Schon aus diesem
Grunde ist die Brennerlinie vor anderen Alpenbahnen begünstigt, da
beispielsweise selbst die Strecke Rosenheim—Kufstein nur auf 34,8 Proz.
ihrer Länge gekrümmt ist, d. h. verhältnismäßig viel weniger als die
von Treuchtlingen in Bayern auf Würzburg zu über das Hochland
dahinziehende Linie.
Von viel größerer Bedeutung als die in der Ebene wirksamen
Hindernisse des Verkehrs sind die in den Höhenunterschieden be
gründeten Verlängerungen der geraden Linie. Sie sind es, die in
erster Linie den Zeitverlust beim Ueberschreiten der Gebirge hervor-
rufen und die infolge der Erhöhung der Anlagekosten für die Ver
kehrswege den Transport erheblich verteuern.
Vergegenwärtigen wfir uns zunächst in der Theorie die Ein
wirkung einer Erhöhung des Bodens auf die gerade Linie zwischen
zwei Punkten. Um richtig einzuschätzen, müssen wir uns gegen
wärtig halten, daß sie für jedes Verkehrsmittel verschieden groß ist.
Da wir indessen im neuzeitigen Großverkehr fast ausschließlich mit
den mit Dampf betriebenen Adhäsionsbahnen zu rechnen haben, so
seien in den nachfolgenden Ausführungen auch wesentlich die die
Eisenbahn betreffenden Verhältnisse zugrunde gelegt.
Jede Ueberwindung eines vertikalen Hindernisses bedeutet einen
Mehraufwand an Kraft, der für die Eisenbahn eine recht beträchtliche
Größe erreicht. Einen Maßstab dafür gewähren uns die Leistungen
einer Güterzuglokomotive, wie sie bei den preußischen Staatsbahnen
Verwendung findet. Diese dreiachsige Maschine wiegt rund 40 Tonnen
und vermag bei einer Fahrgeschwindigkeit von 15 km in der Stunde
auf wagerechter Strecke 2800 Gewichtstonnen zu je 1000 kg zu be
fördern. Für den wirklichen Verkehr kommt indessen diese Leistungs
fähigkeit überhaupt nicht in Frage, denn schon bei dem überall, auch
im Flachlande, auf weite Strecken überschrittenen Anstiege von
1:500 verringert sich diese Leistungsfähigkeit auf etwa 1400 Tonnen,
während sie bei dem Anstieg von 1 : 100, der im Hachen Hügellande
außerordentlich häufig ist, auf ungefähr 400 Tonnen sinkt, also auf
annähernd 30—40 beladene Güterwagen mittleren Fassungsvermögens.
Wie außerordentlich die im wirklichen Gebirge sich ergebende Ver
ringerung der Leistungsfähigkeit bei der angegebenen Fahrgeschwindig
keit ist, ergibt sich daraus, daß die zu befördernde Gewichtsmenge
einschließlich des Wagengewichtes bei 1 : 40, einem im Gebirge nicht
seltenen Anstieg, auf rund 150 Tonnen herabgeht. Dabei ist zu be
tonen, daß Material- und Kohlenverbrauch bei großen Steigungen ganz
unverhältnismäßig anwachsen, so daß eine Verlangsamung und Ver
teuerung des Transportes die unausbleibliche Folge aller dieser
vertikalen Verkehrshindernisse ist.
Um uns einen Begriff von der Einwirkung der Gebirge auf den
Verkehr zu machen, müssen wir uns des geographischen bzw. oro-
graphischen Maßstabes bedienen, den man als Böschungswinkel