A. Die Kohlenlage.
Bedeutung der Kohle — Friedensvertrag — Förderung und Bedarf 1913 —
Förderung und Bedarf 1920 — Mißverhältnis — Transportschwierigkeiten
Die Kohle ist einer der wichtigsten Faktoren unseres Wirt-
schaftslebens; steht sie nicht in genügender Menge. zur Verfügung,
so müssen sich die schwersten Schädigungen ergeben. Es ist
nun aber kein Zweifel, daß Deutschland für viele Jahre,
wenn nicht gar für einige Jahrzehnte, unter einer
schweren Kohlennot zu leiden haben wird, und zwar
als Folge der Revolution und des Friedensvertrages,
Für unser gesamtes Wirtschaftsleben ist es also von allerhöchster
Bedeutung, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wie die Kohlen-
lage in der kommenden Zeit sich gestalten wird und wie die Kohlen-
aot möglichst schnell beseitigt werden kann.
Da Deutschlands Grenzen noch immer nicht feststehen, ist es
zurzeit noch nicht möglich, abschließende und genaue Zahlen über
die Förderung von Kohlen und den Bedarf an ihnen anzugeben.
Ganz besonders schwierig ist dies jetzt deswegen, weil das Schick-
sal Oberschlesiens noch unentschieden ist und es auch noch Monate
dauern wird, bis eine Entscheidung gefallen ist. Bei der außer-
ordentlichen Bedeutung ÖOberschlesiens für die Kohlenwirtschaft
Deutschlands ist der Einfluß naturgemäß ein sehr großer.
Im Jahre 1919 betrug die Förderung Oberschlesiens an Stein-
kohlen 25,5 Mill. t gegenüber der Gesamtförderung von 116,5 Mill. t
Der Anteil Oberschlesiens beträgt demnach 22%. Wenn auch
durch den Friedensvertrag in gewissen Grenzen eine Versorgung
Deutschlands mit Kohle von Oberschlesien aus, auch bei Verlust
dieses Landesteiles, vorgesehen ist, so muß doch, falls Oberschlesien
zu Polen kommt, mit einer starken Minderbelieferung gegenüber
dem bisherigen Zustande gerechnet werden, ganz abgesehen davon.
daß der Preis der aus einem polnischen Oberschlesien kommenden
Kohle noch unbekannt ist und daß die Zuverlässigkeit der Liefe-
rung wohl oft recht fraglich sein wird.
Dettmar, Beseitigung der Kohlennot.