Full text: Die Frau und die Arbeit

bildet, nicht mehr da ist; während die kleine, weiche, form 
lose, wässerige Qualle daneben, obwohl hin- und herge 
schleudert von Wasser und Wind, doch Gestalt behält und 
wächst, weil ihre Teile durch eine innere organische Kraft 
verbunden sind. 
Unsere Frauenbewegung erinnert in dieser Beziehung in 
hohem Grade an die gigantischen religiösen und geistigen 
Bewegungen, die Jahrhunderte hindurch das Leben Euro 
pas durchrüttelt haben und deren endliches Ergebnis die 
Emanzipation der menschlichen Vernunft, die Freiheit des 
Menschengeistes war. Wenn man von dem überlegenen 
Standpunkt der Gegenwart zurückblickt, erscheint diese 
Vergangenheit als eine große, stetige, fortlaufende Be 
wegung, die, wie von einem menschlichen Intellekt gelei 
tet, unverwandt auf ihr Ziel losgeht. Aber jener Masse 
menschlicher Individuen, die daran teilnahmen, erschien 
sie weit anders. Bald hier, bald dort wurde von einzelnen 
oder kleinen Gruppen gekämpft, oft für scheinbar kleine, 
fast persönliche Zwecke, die oberflächlich besehen, zu 
weilen wenig Gemeinsames hatten. Bald war es Giordano 
Bruno, der in Rom verbrannt wurde, weil er eine abstrakte 
Theorie über die letzten Ursachen der Dinge verteidigte; 
bald wurde der Albigenser aus seinen Bergen vertrieben, 
weil er sich nicht von seiner alten Bibel trennen konnte; 
bald bestieg eine holländische Bäuerin gelassen den Schei 
terhaufen, weil sie ihr Haupt nicht vor zwei gekreuzten 
Stäben beugen wollte; später wieder wurde Servet von 
dem Protestanten Calvin in Genf verbrannt, wurde Spinoza 
von seinem Stamm und seinem Volk ausgestoßen, weil er 
in allem nur Gott erkannte, wurde ein Rousseau und Vol 
taire verbannt, ein Bradlaugh verfolgt, bis endlich in un 
seren Tagen der Nachhall des langen Kampfes, gleich 
einem ersterbenden Echo ausklingt in manch kindischen 
Versuchen, Personen um ihrer abstrakten Überzeugungen 
willen von allgemeinen Rechten auszuschließen. Die Vor-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.