Full text: Der Brotwucher

Vorwort. 
zu verwifjhen und uns auf eine faljhe Fährte zu Locken, Weil die bürger- 
(ih-fapitaliftijdhen Brotwucherer vor der preisregulierenden Konkurrenz 
der Arbeiterbäckereien ficher find,- lenken fie die Wufmerkffamfkeit auf die 
agrarifchen und Jonftigen Nußnießer der Brotteuernng. „Haltet den Dieb!“ 
Mit diefem Trick glauben die Jhlauen Parteibäcdder der Wufmerkjamfkeit 
des Bolkes zu entgehen. Die werten SGenofjen und ihre Wffocie3 irren 
fich aber: Das Bolk wird fihH auf die Dauer von den foziologijchen Kippern 
und Wippern *), die mit beichnittenen Texten und Werten {Hachern, nicht 
irreführen Iafjen. Bor 300 Jahren pfiff das Wiener Bolk folgenden 
Syottvers: 
Wie machenz denn die Bäcen ? 
Die Bäcden madhens8 fo: 
Sie nehmen um an Kreuzer „Zach“ 
Und machen draus — an Zwanz’ger-Lab. 
Damit ift das Geheimnis des Bäckerprofits entjchleiert. Und nun 
wollen wir das verfchleierte Bild von Saig weiter enthHüllen, denn hinter 
der Erjcheinung des Brotwucher® jtehen nicht bloß Fragen der Zoll-, 
Steuer und Sozialpolitik, der Wucher- und Kartellgejeggebnng, der 
Preiskalkulation, der SGefchäftsführung Keiner und großer Bäckereien 
jowie der Genoffjenfchaftspolitif, fondern auch die noch viel wicdhtigeren 
Krobleme der Demokratie, der Inkompatibilität, der VBerfafjfung. ES if 
eine überaus verwickelte Frage, die nur im Zujammenhange mit der 
gefamten wirtjchaftlidhen und politijhen Seftaltung des Staates ver: 
itanden und beantwortet werden kann. Zum Schluffe nuch eine Bemerkung: 
Die nachftehenden Ausführungen jind von der Überzeugung difktiert, 
daß in einer Demokratie die fHwierigiten Probleme ohne Gewalttätigfeit 
und Hinterlift gelöft werden können und daß der gerade Weg auch in 
der Brotfrage der füirzefte tft. Ander3 natürlich in einer Demokratie, in 
der die ftaatsgrundgefeßlich gewährleijtete Preß: und Meinungsfreiheit 
oloß auf dem Papier fteht und von iInterejfierter Seite vergewaltigt 
werden kann: da ift eine Klarftelung wirtfhaftspolttijdher Streitfragen 
nicht möglich. Huf die unreife Demokratie Öfterreichs trifft die8 Leider 
no zu. Bei ung fennt man vielfadg nur wülteften Parteienzank, der 
freilich mit dem byzantinij-eflen Perfonenkultu® forrejpondiert, welcher 
fi gleichfalls breit macht. Hieber wird jede Sache verdunkelt und die 
jo notwendige Kritik an dem oft zweideutigen Verhalten des einen oder 
anderen Führer3, der für die Wartet felbit angefehen werden will, aleich 
*) Wu nicht von den Vipern, die inı Kieide der Immunität eHrlidhe Menichen 
verdächtigen, weil fie von der demokratiichen Freiheit der Kritik Gebrauch machen.
	        
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