Full text: Denkschrift betreffend die Neuregelung der handelspolitischen Beziehungen Deutschlands zu den Vereinigten Staaten von Amerika

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daß der Präsident vorbehaltlich der Zustim 
mung des Senats und des Repräsentanten 
hauses zwei Jahre nach Inkrafttreten des Gesetzes 
vom 24. Juli 1897 Verträge abschließen konnte, in 
denen er 20°/ 0 Zollnachlaß auf bestimmte Artikel 
gewährte, verschiedene Produkte auf die Freiliste 
setzte usw. (Sektion IV.) 
Diese Möglichkeit, ohnehin durch das Erfordernis 
der Zustimmung auch des Repräsentantenhauses zu 
den betreffenden Verträgen erschwert, ist jetzt, da 
wir ins Jahr 1905 eingetreten sind, eigentlich ent 
fallen. Dessenungeachtet könnten wir mit der Union 
zu einem größeren Tarifvertrag kommen; denn 
die gedachte Bestimmung des Dingleytarifgesetzes 
wird von Kennern des amerikanischen Staatsrechts 
als nicht bindend erachtet, vielmehr nur als 
Direktive angesehen. Vermutlich war die Be 
stimmung als Pressionsmittel gedacht, um andere 
Länder zu einem baldigen Abschluß von Verträgen 
zu veranlassen. Der Präsident und der-Senat könnten, 
so wird von amerikanischen Rechtslehrern ausge 
führt, jederzeit Verträge schließen; ihre Vollmacht 
sei in dieser Hinsicht durch keinen Termin be 
grenzbar. Tatsächlich hat man auch im Jahre 1903, 
sechs Jahre nach dem Inkrafttreten des Tarifge- 
setzes, noch einen Tarifvertrag mit Kuba auf der 
Basis von Sektion IV abgeschlossen. 
Die andere für uns noch praktische Möglich 
keit ist die, daß der Präsident, ohne die gesetz 
gebenden Körperschaften zu befragen, auf alko 
holische Getränke und auf Kunstwerke einen 
Zollnachlaß gewährt. Auf dieser Grundlage be 
ruht unser Abkommen vom 10. Juli 1900. 
Ist Aussicht vorhanden, daß ein größerer Tarif 
vertrag mit der Union zustande kommt? Nachdem 
die Reziprozitätsabkommen mit Frankreich, Argen 
tinien, Ecuador und den westindischen Besitzungen 
Englands und Dänemarks aus den Jahren 1899 und 
1900, denen bis zu einem gewissen Grade im 
Dingleytarifgesetz von vornherein der Weg ge 
ebnet war, nicht ratifiziert worden sind, kann 
deutscherseits jetzt kaum auf das Zustandekommen 
eines größeren Tarifvertrages gerechnet werden. 
Die letzten Wahlen sind stark republikanisch aus 
gefallen; sie brachten der hochschutzzöllnerischen 
Partei eine Majorität von IOO Stimmen im Re 
präsentantenhause. Der Senat ist republikanisch, 
die Exekutive republikanisch, — die protektio 
nistische Richtung bei allen drei in Betracht 
kommenden Organen der Gesetzgebung so ent 
schieden ausgeprägt, daß wir uns nicht wohl in der 
Annahme wiegen können, ohne starken, der Union 
fühlbaren Druck einen größeren Tarifvertrag 
mit ihr zustande zu bringen, der eine Zollermäßi 
gung für jene Produkte brächte, auf die es uns 
in allererster Linie ankommt: auf die Erzeug-
	        
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