Full text: Die Münzwirren und Heckenmünzen in Oberschwaben um die Wende des 17. Jahrhunderts

Die Münzwirren und Heckenmünzen in Oberschwaben. 
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hervorzurufen. Einigermaßen interessant sind diese Vorgänge in Buchhorn. 
Während Ravensburg, Lindau und Isny seit den Zeiten Karls V. eine wesentlich 
aristokratisch-absolutistische Regierungsform besaßen und dort selbst der Masse 
der Vollbürger damals so gut wie gar keine Mitwirkung bei den städtischen An 
gelegenheiten, kein Einblick in die streng geheim gehaltene städtische Finanz 
verwaltung zustand, besaß Buchhorn, unbeschadet übrigens der dort herrschenden 
fürchterlichen Korruption, 1 ) eine mehr demokratische Stadtverfassung, infolge 
deren die Angelegenheiten des Gemeinwesens etwas mehr als anderswo in der 
Öffentlichkeit behandelt wurden und dem Großen Rat, gewissermaßen dem Ver 
treter der Bürgerschaft, weitgehende Befugnisse in der Gesetzgebung, der Finanz 
wirtschaft etc. zukamen. 
Da die Masse der Bevölkerung Uber die Verluste, die sie durch das Mttnz- 
geschäft ihrer Obrigkeit erlitten, in Buchhorn, ebenso wie sonst im Lande, nicht 
wenig erbittert war, bemächtigte sich dort der Großrat der Sache und unter dem 
Druck desselben mußten die drei Silbermünzpächter den 5. März 1705 „bei dem 
Stab“ angelohen, der Stadt die Kosten der Münzexekution, jeder zu einem Vierteil, 
zu ersetzen. Das vierte Viertel wollte die Stadt selbst leiden. Die Ratsherren Gaiß- 
maier und Volk wurden von ihren Ratssitzen, Zünften und Ratsherrnkirchenstühlen 
entfernt und für unehrlich erklärt, und zwar beide auf so lange, bis der General- 
münzwardein Pfaffenhäuser gewisse Äußerungen würde zurückgenommen haben, 
die er amtlich Uber die Handlungsweise der beiden Herren getan und durch welche 
diese schwer bloßgestellt waren. Worin diese Äußerungen bestanden, ist den Akten 
nicht zu entnehmen. Wie man aber wohl wußte, war zu einer solchen Zurücknahme 
keine Aussicht vorhanden. Der Kanzleiverwalter Leutin kam weiteren Maßregeln 
gegen ihn zuvor, indem er, im Gefühl seiner Unentbehrlichkeit, seine Dienst 
entlassung einreichte, welche man indessen trotzdem annahm. Der Altbürgermeister 
Gag-g verdankte es seinem einflußreichen Familienanhang, daß er wegen seines 
Pfennigmünzens nicht in Anspruch genommen oder sonst behelligt wurde. 
Als nach Verfluß von vier Monaten die Aufregung sich etwas gelegt hatte, 
brachten es Familien- und andere Einflüsse zuwege, daß man die Herren Volk und 
Gaißmaier, ohne daß ihre Ersatzschuld bezahlt und ohne daß von Stuttgart aus 
ihre Ehre wiederhergestellt worden war, in ihre Ämter, Zünfte und Kirchenstuhle 
wieder einsetzte, * 2 3 ) auch die bewußte Ersatzschuldigkeit um ein weniges ermäßigte. 
Indessen Volk sowohl als Gaißmaier glaubten der Zahlung gänzlich aus dem 
Wege gehen zu können. Sie beteuerten fortwährend ihre Geneigtheit zu zahlen, 
gaben aber niemals nur einen Kreuzer her, in der stillen Hoffnung, die Sache 
schließlich in Vergessenheit geraten lassen oder hei passender Gelegenheit ab 
schütteln zu können, und sie scheinen das in der Tat auch erreicht zu haben. Im 
kleinen Rat, dem eigentlichen Regierungskollegium, das die bei ihm erledigten 
!) Die Mißwirtschaft in der Stadtgemeinde Buchhorn war, wie E. Knapp treffend ausfiilirte, 
50 Jahre nachher noch keine andere, als wie sie oben geschildert ist (siehe „Zustände und Begeben 
heiten im letzten Halbjahrhundert der Reichsstadt Buchhorn, erste Hälfte 1752—1773“ in den 
Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees, Jahrgang 34, 1905, S. 3 ff.). 
2 ) Franz Volk wurde 1709 sogar zum Stadtammann und das Jahr darauf zum Bürgermeister 
erwählt.
	        
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