Das Bankenviertel. 5
röder und Robert Warschauer & Lo. in der Behrenstraße,
Mendelssohn & Lo. in der Iägerstraße bewohnen noch heut
das alte schmucklos ehrwürdige Domizil, in dem sie sich in
ihren Anfängen präsentierten. Als die Straße Unter den
Linden und die Behrenstraße von der Bankwelt als Ge-
schästsviertel okkupiert wurden, waren sie die feinsten
Straßen des Berliner Westens. Denn der Tiergarten diente
wohl schon einigen besonders idyllisch veranlagten Billen-
besitzern zur Wohnstätte, doch war es jenseits des Branden
burger Tores noch recht wüst und leer. Behrenstraße,
Taubenstraße, Französische Straße und Kanonierstraße
nebst den sie schneidenden Straßenzügen waren um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts das Zentrum des geistigen
Berlins. Die Nähe der Universität, die Nähe des Schau
spielhauses, die Nähe der Oper zwangen Künstler, Stu
denten und Mäcene in diese Gegend. Die historische
Weinstube von Lutter & Wegner an der Kreuzung der
Charlotten- und Französischen Straße legt Zeugnis davon
ab, die Namen Schleiermachers, Devrients, Dessoirs,
E. T. A. Hofsmanns, Mendelssohn-Bartholdys, um nur
einige, wie sie mir gerade einsallen, zu nennen, tauchen,
wenn wir an diese Gegend denken, in unserm Gedächtnis
auf. Hier wohnte „man" eben und hier ließen sich auch die
Bankherren nieder, angelockt einmal durch die Nähe der
Börse, anderseits aber auch durch die Möglichkeit, hier
gleich bei den Geschäftslokalen die passenden Privatwohn-
räume zu finden.
Nur ganz wenige von diesen Herren sind heute noch
im Bankenviertel ansässig. Die Geschäftslokale sind dort
geblieben, aber steigender Reichtum und wachsendes Luxus
bedürfnis haben die Inhaber immer mehr westwärts ge
trieben. Zunächst plutokratisierten sie das strenge Ge-
heimratsviertel vor dem Potsdamer Tor, bevölkerten die
Lenne-, Tiergarten- und Bellevuestraße und zogen sich