5. Kapitel. Kechtsvertretung und Prozesse von Deutschen in Italien, 95
Durch die italienischen Dekrete vom 18. Juli und 8. August 1916 über die
Behandlung deutschen Eigentums, siehe unten Seite 103 f£., sowie der Kriegs-
erklärung vom 27. August 1916 ist den deutschen Eigentümern die Verfügung
über die gelöschte Ware unmöglich gemacht worden. Die Regierung hat über-
dies Anfang September 1916 die Zolländer angewiesen, bis auf weiteres keine aus
requirierten deutschen Schiffen stammende Ware herauszugeben,
5. Kapitel.
Rechtsvertretung und Prozesse von Deutschen in Italien.
Verjährungsfristen*).
(Bis Ende Juni 1916, für die spätere Zeit siehe 6. Kapitel.)
Es sei zunächst auf die Ausführungen im Buche „Handelsverbot und Vermögen in
Feindesland‘‘ Seite 107 verwiesen.
Nachdem durch Rundschreiben vom 15. Dezember 1915 der Vor-
stand der Mailänder Anwaltskammer die Rechtsanwälte aufgefordert
hatte, keine deutschen Interessen mehr zu vertreten, ist die Wahrung
deutscher Privatrechte in Italien schwieriger geworden. Zwar sind die
Anwälte anderer Städte diesem Beispiel nicht gefolgt und auch für
Mailand ließ sich dieser Beschluß nicht so durchführen, wie es beabsichtigt
war. Zufolge direkter Intervention der Regierung wird nämlich seither
auch von einzelnen Anwälten in Mailand die Vertretung deutscher Parteien
vor Gericht übernommen. Der Vorstand der Anwaltskammer verlangt
aber, daß der Anwalt eine bezügliche Bewilligung zur Vertretung eines
deutschen Klienten nachsuche und daß er sich verpflichte, dafür zu
sorgen, daß keine Vermögenswerte während der Dauer des Krieges zu-
gunsten Deutscher aus dem Lande herauskommen. Praktisch wird solche
Vertretung deutscher Interessen vor Gericht nur dann werden, wenn der
Deutsche beklagte Partei ist. Als Kläger aufzutreten, ist nicht ratsam.
Die italienische Regierung selbst hat übrigens eine Erklärung dahin ab-
gegeben, „daß, wenn ein Deutscher in Italien wegen Weigerung eines
Anwaltes ohne gerichtlichen Beistand sein sollte, das königliche Justiz-
ministerium dafür Sorge tragen werde, zu seinen Gunsten alle gesetzlich
zulässigen Maßregeln zu ergreifen“.
Auf alle Fälle braucht es für einen italienischen Anwalt zu gegenwärtiger Zeit
großen Mutes, um trotz der großen deutsch-feindlichen Stimmung deutsche Privat-
rechte zu verteidigen. Ein Rechtsanwalt in Florenz hat sich veranlaßt gesehen, öffent-
lich in den Zeitungen gegen den Vorwurf zu protestieren, daß er deutsche Interessen ver-
trete?). Trotz der theoretischen Möglichkeit, deutsche Interessen durch einen italienischen
1) Geschrieben Anfang Juli 1916.
2) Die in der Florentiner Zeitung „Il nuovo Giornale‘‘ vom 15. Mai 1916 er-
schienene Erklärung sei hier als ein Beispiel der italienischen Auffassung über die
Wahrung „feindlicher‘“ Privatrechte wiedergegeben:
„Caro Direttore,
Nella Fiamma di oggi tra le voci che corrono si parla di un notissimo
avvocato fiorentino, in fama di elevati sentimenti d’italianitA che avrebbe assunto il
patrocinio di interessi tedeschi contro italiani. (Fortsetzung siehe Seite 96 unten.)