Full text: Der Handelskrieg von England, Frankreich und Italien gegen Deutschland und Österreich-Ungarn

  
  
  
  
  
Nachtrag zu Italien. 
Zu Artikel 6 [Dekrete vom 8./10, August 1916] — Seite 106 ff, — Staatsaufsicht und 
Sequestration. 
  
Saffra, der Herausgeber der „Revista del Diritto Commerciale“ bemerkt in der 
Nummer des 31. August 1916 — Seite 674 ff, — folgendes zu den beiden Dekreten 
vom 8. und 10. August 1916: 
Es ist anzunehmen, daß Art. 2 des Verbotdekretes keineswegs alle rechtlichen 
Beziehungen mit den Angehörigen der feindlichen Staaten für null und nichtig erklärt, 
sondern lediglich die Handelsbeziehungen, denn nur diese widersprechen dem Verbot 
von Art. 1. Darnach sind auch die Verbote der Dekrete vom 24. August 1915 — 
gegen die Angehörigen von Österreich-Ungarn — und vom 25. November 1915 — 
gegen die Türken — weit rigoroser als das Handelsverbot vom 8. und 10. August gegen 
die Deutschen. Verboten ist auch nur der Handel von Firma zu Firma, keineswegs 
der Kleinverkauf an einzelne Angehörige feindlicher Staaten. 
Da das Handelsverbot absolut lautet und keinen Unterschied zwischen den ein- 
zelnen Verträgen macht, so trifft es auch Verträge, die schon abgeschlossen sind, aus 
denen aber nicht oder nur teilweise erfüllt wurde. 
Art. 6 des Verbotdekretes ist hauptsächlich gegen Verträge gerichtet, die sich 
auf öffentliche Unternehmungen beziehen (Gaswerke, KElektrizitätswerke, Straßenbahnen), 
von welchen manche — namentlich am adriatischen Meer — in den Händen von feind- 
lichen Staatsangehörigen sind. Die Auflösung dieser Verträge ist im Interesse der 
Landesverteidigung notwendig. Saffra meint, ein anderer Weg wäre besser gewesen, 
um diese Unternehmungen zu verstaatlichen, der Weg, den die legge sulla municipa- 
lizzazione vorschreibt. Man hätte einfach den sofortigen Rückkauf durch den Staat 
oder die Gemeinde gestatten sollen, mit Vorbehalt der Zahlung des Preises nach dem Krieg. 
Den widersprechenden Wortlaut der beiden Dekrete vom 8. und 10. August 1916 
deutet Saffra in der Weise, daß das eine Dekret ein absolutes Handelsverbot enthält, 
während das andere ausnahmsweise den Weiterbetrieb von feindlichen Geschäften im 
Interesse Italiens gestattet, aber unter der Bedingung, daß sie unter Staatsaufsicht oder 
unter Sequester gestellt werden. Das zweite Dekret ist deshalb eine Milderung des 
ersten. Der Präfekt kann speziell die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb solchen Firmen 
geben, .die sonst geschäftlich nicht mehr tätig sein könnten. 
Über die Aufgabe des sindacato und des sequestro fehlt es an einzelnen Be- 
stimmungen. Ausführungsvorschriften werden noch erlassen werden, wenn auch nur 
durch Rundschreiben, die öffentlich nicht bekannt werden. 
Auch Saffra weist darauf hin, daß die Dekrete über Staatsaufsicht und Seque- 
stration auf die Mitwirkung der Gerichte verzichten, im Gegensatz zu Frankreich. 
„Dies 1äßt sich erklären, nicht rechtfertigen, durch das Bedürfnis raschen Vorgehens 
und den eminent politischen Charakter dieser Maßnahmen.“ 
Besonders interessant ist Art. 6, nach welchem der Sequesterbeamte von der 
Finanzintendantur besondere Vollmacht haben muß für Geschäfte außerhalb des 
gewöhnlichen Betriebes. 
Nach einem Rundschreiben des Ministers des Innern vom 23. August 1916 sollen 
die Firmen von Angehörigen des türkischen Reiches, soweit sie nicht türkischer Natio- 
nalität sind — Armenier, Syrier —, von der Staatsaufsicht und Sequestration befreit
	        
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