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Das kann sich erst entscheiden, wenn die Verwaltungsaktien end-
gültig begeben sind, und auch dann ist nicht ohne weiteres ein
Rückschluß zulässig auf die Absichten, die dem Kapitalserhöhungs-
beschluß zugrunde lagen‘). Meistens wird die Verwendung der
neu zu schaffenden Aktien in dem Kapitalserhöhungsbeschluß
überhaupt noch nicht festgelegt, sondern der Verwaltung die
Durchführung der Kapitalserhöhung überlassen. Nicht der
Kapitalserhöhungsbeschluß selbst, sondern höchstens die Art
seiner Durchführung läßt sich in solchen Fällen beanstanden,
Il. Die Nichtigkeit des Kapitalserhöhungs-
beschlusses. Gibt man solchen Erwägungen Raum, so wird
man notwendig dahin geführt, den Kapitalserhöhungs-
beschluß von dem Vorwurf der Unsittlichkeit freizustellen.
Nur wenn die Art des Zustandekommens dieses Beschlusses sich
als Fälschung des Mehrheitswillens herausstellt oder wenn in
dem Beschluß schon Bestimmungen über die zukünftige Zu-
teilung der Aktien enthalten sind, die deutlich erkennen lassen,
daß es der Mehrheit ausschließlich oder in der Hauptsache nur
auf eine Schädigung der Minderheit hinsichtlich ihrer ver-
mögensrechtlichen Ansprüche aus dem Mitgliedschafts-
recht ankam, kann man den Beschluß als den guten Sitten zu-
widerlaufend bezeichnen. Soweit aber der festgestellte Tatbestand
nichts weiter enthält, als daß Aktien für künftige Bedarfsfälle
geschaffen werden, und solange deren Stimmrecht von der Ver-
waltung der Gesellschaft beherrscht wird, wäre es voreilig, über
diese Aktien den Stab zu brechen.
Das wird natürlich anders in dem Augenblick, da die Ver-
waltung sich des ihr zustehenden Verfügungsrechts über die
jungen Aktien in einer die Gesellschaft oder einen Teil der Aktio-
näre schädigenden Weise begibt. Nunmehr besteht in der Tat
ein Grund, über einen Verstoß gegen die guten Sitten Klage zu
führen. Aber dazu ist es nicht nötig und nicht zulässig, den (an
sich korrekt gefaßten und einwandfreien Kapitalserhöhungs-
beschluß zu vernichten. Offenbar hat das RG. in seinen Vver-
schiedenen Entscheidungen über den Ausschluß des Bezugsrechts
die Ungültigkeit von Kapitalserhöhungsbeschlüssen, die sich jeder
Vorschrift über die Durchführung der Kapitalserhöhung enthielten,
15) Ähnlich Flechtheim in JW. 1924 .679 Anm. Abw. A.
Horrwitz (Schutz- und Vorratsaktien) S. 41 Anm. 24, der der Ansicht
ist, daß man eine solche von vornherein vorhanden gewesene Absicht
ohne weiteres vermuten müsse, wenn sich ergibt, daß die Verwaltung
oder Großaktionäre die Mehrstimmrechtsmacht direkt oder indirekt er-
halten haben. — Gegen die Nachprüfung der wirtschaftlichen Not-
wendigkeit wendet sich auch Schmulewitz a.a.O. S. 122 f. mit der
Begründung, daß die Frage der wirtschaftlichen Notwendigkeit dem
Ermessen der Generalversammlung überlassen bleiben müsse.