Das Problem
Lebensform ringt, das ist die einzige Macht, die diesem Staat
noch geblieben ist.
Und immer noch ist das deutsche Ich lebensfähig nur im Schutze
dieses wehrlosen Staates, wie das Herz lebt im Schutze der Rippen
und das Hirn im Schutze der Schädelknochen, die es umgeben.
Auch ein Ich, das vom Staate nichts wisssen will oder ihn gar
verneint, wird unwillig und schilt auf den Staat, wenn er ihm
den Schutz versagt, worauf es Anspruch zu haben meint. Bevor
es aber zu schelten anfängt, sollte es sich fragen: Hast du dem
Staate gegeben, was des Staates ist? Bist du überhaupt fähig,
dem Staate zu geben, worauf er Anspruch hat? Weißt du, was
der Staat von dir zu fordern berechtigt ist, weil, wenn du es ihm
nicht leistest, der Staat auch dir nicht geben kann, was du als
selbstverständlich von ihm erwartest?
Wenn auch noch längst nicht jedes Ich so unbedingt an den
Staat glaubt, um auf diese Fragen mit gutem Gewissen die Ant-
wort geben zu können ~ an sich selbst glaubt doch jedes Ich!
Kein gesundes Ich ~ und hätte es alle philosophischen Systeme
der Gegenwart durchstudiert ~ zweifelt an seinem eigenen Dasein.
Wer also das zurzeit noch recht problematische Verhältnis des Ichs
zum Staat tatsächlich feststellen und neu bestimmen will, wird
gut tun, vom Ich als dem unmittelbar Gegebenen auszugehen ~
in der Hoffnung, von da aus den Weg zu finden zum Staate, wie
er wirklich ist, und nicht zu einem mehr oder minder willkürlichen
Begriff vom Staate.