Full text: Neuzeitliche Krüppelfürsorge

Psoychiatrie und Krüppelfürsorge.' 
Von Dr. Hegemann, Direktor der Provinzialheilanstalt Warstein. 
Bei einem Rundgange durch eine Krüppelanstalt, die sicher zu 
unseren besteingerichteten und -geleiteten Krüppelanstalten gehört, 
fallen schon beim flüchtigen Durchgehen eine ganze Anzahl Pfleglinge 
auf, die geistig nicht vollwertig sind, bei denen es dem Krüppelfür- 
sorger beim besten Willen nicht gelingen wird, sie zu ordentlichen 
Handwerkern zu erziehen und damit das gewöhnliche Ziel der Anstalt 
zu erreichen. Unter den Pfleglingen, die bei der Gelegenheit von der 
Anstaltsleitung vorgestellt wurden, fanden sich ein Epileptiker, ein 
Pflegling mit starken hysterischen Zügen, den man trotz seiner guten 
geistigen Veranlagung in einem Jahre sehr wenig gefördert hatte, 
weil man höchstwahrscheinlich der hysterischen Veranlagung bei der 
Behandlung zu wenig Rechnung getragen, ein Junge mit Hydro- 
zephalus und Idiotie, ein Junge mit mongoloidem Gesichtsausdruck 
und hochgradigem Schwachsinn, ein Junge mit schweren körperlichen 
Degenerationszeichen, periodisch auftretenden Verwirrtheitszusständen 
und mit ausgesprochenen moralischen Defekten, ein typischer Psycho- 
path, der infolge seiner Willensschwäche, seines ungezügelten Trieb- 
lebens schon dem guten Rufe der Anstalt gefährlich geworden war. 
Hiernach wird jeder zugeben müssen, daß die folgenden Ausführungen 
berechtigt sind. 
Es besteht die Gefahr, daß in den Krüppelanstalten alle mög- 
lichen Pfleglinge auftauchen, die nicht hineingehören und die Krüppel- 
anstalt nicht nur eine Anstalt für geistig gesunde Krüppel, sondern 
auch für geistig kranke und -gebrechliche Krüppel wird. Es ist deshalb 
notwendig, daß auch der Krüppelfürsorger die psychischen Grenz- 
zustände und die verschiedenen Formen des Schwachsinns kennt, um 
in der Lage zu sein zu bestimmen, ob der ihm überwiesene Krüppel 
in der Krüppelanstalt am rechten Platze ist, um in der Lage zu sein, 
auffallende Charakterzüge werten und bei seiner Fürsorge bei den ihm 
anvertrauten Menschen hierauf gebührend Rücksicht nehmen zu 
können. 
Die sseelisch abnormen Zustände, die sich wohl am häufigsten in 
den Krüppelanstalten finden dürften, gehören zu den Formen des an- 
geborenen Schwachsinns in allen möglichen Abstufungen, von der 
1 Aus einem Vortrage, gehalten in einem Kursus für Krüppelfürsorger 
zu Bigge am 8. Augulst 1925.
	        
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