blieben jedoch einstweilen vereinzelte Erscheinungen, die sich auf Süd-
deutschland beschränkten und in den nächsten Jahrzehnten keinen
weiteren Ausbau erfuhren. Insbesondere spürte man in Norddeutsch-
land von den Wirkungen dieses süddeutschen Anstoßes noch Jahrzehnte
hindurch garnichts.
1889 wurde in Münster i. W. die orthopädische Heilanstalt
„Hüfferstiftung“ errichtet. Während schon eine Anzahl PRrivatan-
stalten für bemittelte Krüppel bestanden, war dies die erste Anstalt
für unbemittelte Krüppel.
Der im Jahre 1821 zu Münster geborene und 1895 gestorbene
Rentner W. Hüffer stiftete eine beträchtliche Geldsumme mit der Be-
stimmung, „vorzugsweise armen und minderbemittelten, an krüppel-
haften Gebrechen leidenden Personen jeder Konfession Heilung und
Pflege sicherzustellen“ (vgl. Bericht über die Verwaltung der ortho-
pädischen Heilanstalt Hüfferstiftung, 1912, S. 3). Man begann mit
einem bescheidenen Hause in der Bergstraße, bis man 1903 das jetzige
große, moderne Gebäude beziehen konnte. Die Einrichtungen der
Hüfferstiftung sind so musterhaft, daß Ministerialdirektor Althoff bei
Gelegenheit der Vollversammlung des Vereins für ärztliches Fort-
bildungswesen 1904 in Berlin sogar behauptete, „daß diese Anstalt die
beste im Preußischen Staate sei und daß eine solch vortreffliche Ein-
richtung bisher an keiner Universität zu finden sei“. Die Aufstellungen
über die ersten Jahrzehnte beweisen, daß die Anstalt ihrer Zielsetzung,
vorzugsweise armen, krüppelhaften Personen zu dienen, gerecht ge-
worden ist. Es entfielen von den Pflegetagen 70 Prozent auf Be-
dürftige, die entweder gar kein oder nur geringes Entgelt zahlen
konnten (vgl. Zeitschrift Caritas, X. S. 217).
1904 ging von dem geistlichen Rektor Sommer in Olsberg i. Westf.
ein Aufruf aus zur Gründung eines caritativen Vereins für Heilung,
Pflege und gewerbliche Ausbildung verkrüppelter Personen. Die neue
Gründung nahm den Namen „Josefs-Gesellschaft“ an und wurde in
das Vereinsregister Bigge-Ruhr eingetragen. Wenn die Hüfferstiftung
auch vorzügliche ärztlich-orthopädische Arbeit leistete, so konnte sie
doch nicht als modernes Krüppelheim angesehen werden, da Schul-
unterricht und gewerbliche Ausbildung fehlen. Die Josefs-Gesellsschaft
verfolgte neben dem Zweck der ärztlichen Versorgung der Krüppel
auch das Biel der Erziehung, des Unterrichts und der gewerblichen
Ausbildung. Die Entwicklung der Josefs-Gesellschaft und ihrer An-
stalten und Einrichtungen ist im Laufe der Jahrzehnte geradezu
glänzend gewesen. Die sehr starke Entwicklung brachte es mit sich, daß
eine Teilung in eine Reihe von Spezialanstalten notwendig wurde.
Für die Einzelheiten sei verwiesen auf den Jahresbericht der Josefs-
Gesellschaft, der 1917 in der Josefsdruckerei in Bigge erschien.
1 2