Full text: Neuzeitliche Krüppelfürsorge

Krüppelfürsorge und Gesetgebung. 
Von Landesasssessor Or. Arnsberg, Münster. 
Die Zeit liegt noch nicht allzulange zurück, in der die gesetz- 
Jeberische Tätigkeit dem Gebiete der sozialen Fürsorge ein überaus 
Ieringes Interesse entgegenbrachte. Alt ist zwar die Sorge der Gesetz- 
sebung um die Unterbringung der Wahn- und Blödsinnigen und die 
Sorge um die Armen, soweit es sich um die Bekämpfung der Bettelei 
und des Vagabundierens handelte (vgl. Allgemeines Landrecht, Teil 
II, Titel 18 und 19). Soziale Gesichtspunkte traten hierbei aber in 
den Hintergrund. Es handelte sich nicht um die Sorge für das Indi- 
viduum, sondern in erster Linie um die Sorge für die Allgemeinheit 
und den Staat selbst. Das war keine soziale Fürsorge im heutigen 
Einne, wo der zunächst Betroffene auch wegen des Zweckes Für- 
lorgeempfänger sein soll, während der Vorteil der Allgemeinheit eine 
zwangsläufige Folge ist und wegen der finanziellen Ausgaben eine 
begründete Gegenleistung darstellt. Wenn die preußische Kabinetts- 
Order vom 13. November 1843 (Ministerialblatt der inneren Ver- 
waltung 1844, S. 144) besagt, daß die mit der Verwaltung und Be- 
Usfsichtigung des Armenwesens beauftragten Behörden sich die För- 
derung und Unterstüzung von Vereinen, welche zu mildtätigen 
Zwecken freiwillig zusammentreten, auf alle Weise angelegen sein 
lassen sollen, so darf das über die grundsätzlich fiskalische und polizei- 
liche Einstellung des Staates zur Fürsorge nicht hinwegtäuschen. Das 
ist nicht das Zusammenarbeiten zwischen öffentlicher und privater 
Vohrfahrtspflege, wie es z. B. in § 5 der Verordnung über die Für- 
lorgepflicht vom 13. Februar 1924 umschrieben ist. Die Tätigkeit des 
Staates erschöpfte sich in erster Linie in der Ausübung der Staats- 
Sewalt über die Untertanen. Und doch hatte zu aller Zeit der Staat 
die Verpflichtung, sozial tätig zu sein. Diese soziale Staatstätigkeit hat 
aber, gemessen an der Lösung anderer Staatsaufgaben, eine nur lang- 
same Entwicklung gehabt, insbesondere, soweit es sich um die Fürsorge 
für geistig und körperlich Gebrechliche handelt. Unter den körperlich 
Bebrechlichen hat der Staat ich denke vornehmlich an preußische 
Verhältnisse D die krüppelhaften Personen zeitlich zuletzt bedacht. Bis 
dohtn hat sich dieses Fürssorgezweiges die private Fürsorge allein 
9enommen. 
Das Gebiet war dankbar, aber schwierig. Vorurteile waren aus 
En Wege zu räumen, die Wissenschaft mußte unterstützt, und die 
fentlichkeit und der Staat mußten interessiert werden.
	        
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