Die außenpolitischen Aufgaben der Wirtschaft. 503 )
Die sozialistische Auffassung, alle Kriege hätten kapitalistische ,
Ursachen, wird von der Geschichte einwandfrei widerlegt, Reine
Machtbestrebungen, Ruhmsucht, nationale und religiöse Gegensätze
sind zweifellos noch bis in die neueste Zeit die Ursache von Kriegen
gewesen, Kennt die Geschichte doch eine ganze Anzahl aus- .
gesprochener Religionskriege, wie überhaupt solcher zur Durchführung
einer Idee politischer, sozialer, religiöser oder nationalistischer Art.
Wie aber die Beweggründe der meisten menschlichen Handlungen
komplexer Natur sind, so nicht minder die der Handlungen, welche
Kriege herbeiführen. Selbst bei solchen Kriegen haben vielfach /
kapitalistisch-wirtschaftliche Motive mitgewirkt. So war der Drang
Rußlands nach Konstantinopel und den Dardanellen zwar in erster Linie
von machtpolitischen Erwägungen — Erringung eines eisfreien Hafens
oder eines militärischen Stützpunktes am Mittelmeer, volle Beherr-
schung des Balkans wie des Schwarzen Meeres, also auch Kleinasiens —
diktiert, Religiöse Empfindungen — Befreiung der Christen vom
türkischen Joch, Wiederaufpflanzung des griechisch-katholischen
Kreuzes auf der Hagia Sophia — und nationalistische — der unklare
panslawistische Gedanke — haben ebenfalls mitgewirkt und jedenfalls
die Volksstimmung dafür so reif gemacht, daß der widerstrebende Zar
Alexander II, in den Balkankrieg hineingetrieben wurde, Indessen
auch wirtschaftliche Momente haben ‘dabei ’stark hineingespielt,
Darunter an sich so berechtigte wie das Verlangen Rußlands, bezüglich
seiner großen Ausfuhr von Getreide, Ölsaaten, Zucker, Erzen und
Mineralölen über die Schwarze-Meer-Häfen ebenso wie der Einfuhr
über diese nicht von dem guten Willen am Goldenen Horn abhängig zu
sein, Ausschließlich waren solche maßgebend für die russischen
Ambitionen auf die Mandschurei, auf Sachalin usw. Alleinausschlag- ,
gebend waren sie für die Eroberungspolitik Japans gegenüber Korea
und China, für die Algier-, Tunis- und Marokkopolitik Frankreichs,
für den Krieg Englands gegen Transvaal. Dessen ägyptische und |
mesopotamische Politik gilt dagegen zum guten Teil der Sicherung
Indiens, also der Machtpolitik, die freilich mit kapitalistischen Wirt-
schaftsinteressen aufs engste verflochten ist.
Der Merkantilismus, der jedenfalls vom 17. Jahrhundert bis in das
letzte Drittel des 18, Jahrhunderts hinein die Weltpolitik beherrscht hat,
verquickte Macht und Wirtschaft vollständig, Macht besaß, wer das
Geld hatte, ein möglichst großes Heer und eine starke Flotte zu unter-
halten. Deshalb sollte das Geld im Lande behalten, also keine fremden
Waren eingeführt werden; erstrebte man Kolonien, deren Schätze helfen
sollten, den Reichtum zu vermehren, und wollte möglichst viel eigene
Waren dem Ausland verkaufen, um damit Geld ins eigene Land zu