Full text: Der geistige Arbeiter in der gegenwärtigen Gesellschaft und Geschichtsepoche

sich nicht mehr mittels desselben Namens zugleich mit den 
Besitzenden nennen, wie es noch vor zwanzig Jahren üblich 
war, sondern daß sie jetzt auf einmal anfangen, sich mittels 
des Namens von ,,Arbeitern““ zu nennen: ,geistige Arbei- 
ter“, und sich nur durch das mehr oder minder ,,Geistige'“ 
differenzieren, denn dieses ist an den Übergangsstellen nur ein 
Mehr oder Minder, wie sehr auch Basis und Spitzen abweichen 
mögen. 
Das ist nun ein soziales Phänomen, das ich die soziale 
Umschichtung nennen möchte, die Andersreihung einer 
Schicht, die sich selbst bisher in dem einen gesellschaftlichen Zu- 
sammenhang allein gesehen hat, in dem einen Zusammen- 
hang allein vielleicht auch gestanden ist wie Besitz und Bildung, 
derzufolge sich eine solche Schicht auf einmal in einem anderen 
Zusammenhange sieht und anderswohin einreiht. Es ist ein 
großes Stück, wenn heute Gelehrte und wisssenschastlich Be- 
schäftigte aller Art sich zu einem Kongreß der geistigen Arbeiter 
zusammenfinden. Sie werden sagen, dieser Kongreß sei eine 
Falschmeldung ~ das gebe ich ohne weiteres zu. Es ist im Be- 
wußtsein dieser Schicht der Versuch, dem Arbeiter das vorzüg- 
liche Prädikat seines Daseins, nämlich die Arbeit, streitig zu 
machen und für eine andere Klasse in Anspruch zu nehmen. 
Aber trotzdem D daß dies geht und sich im Ohr festsetzt, und 
daß sich zum Schluß Tausende und Abertausende in dem Zu- 
sammenhang wirklich begreifen lernen, das ist soziale Umschich- 
tung. Man hätte früher von einem Kongreß der gelehrten Be- 
rufe oder von einem Kongreß der angewandten Wissenschaften 
gesprochen, man spricht heute von einem Kongreß der geistigen 
Arbeiter. 
b) Der geistige Arbeiter ist Lohnarbeiter. 
Nun habe ich an der äußeren Erscheinung und inneren 
Struktur der gesellschaftlichen Arbeitspyramide dargetan, daß 
hier eine Einheit hergestellt wurde, die früher nicht bestand. Denn 
sie bestand vordem faktisch nicht und es gab zwischen dem, was 
man manuelle Arbeit und geistige Arbeit nannte, fast keine 
Brücke. Die beiden waren auch rechtlich getrennt, das heißt 
sie waren verschiedene Stände. Sie hatten auch ökonomisch eine 
andere Verfassung, und darauf komme ich jetzt zurück. Welche 
ökonomische Verfassung hat die geistige Arbeit damals und 
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